Brühl [3]

[366] Brühl, eine in Thüringen, der Niederlausitz u. dem Königreich Sachsen begüterte, seit 1737 in den Grafenstand erhobene Familie: 1) Hans Moritz von B., geb. 1665, Geheimrath u. Oberhofmarschall des Herzogs von Sachsen-Weißenfels, er st. 1727; von seinen Söhnen stifteten zwei die noch bestehenden zwei Äste: A) Älterer Ast, evangelischer Confession auf Martinskirchen, ausgegangen von 2) Graf Friedrich Wilhelm, ältestem Sohn des Vor., geb. 1695, war sächsischer Geheimer Rath u. Landeshauptmann; er st. 1760 u. hatte 2 Söhne: 3) Graf Hans Moritz, geb. 1736 in Wiederau, ging 1755 in diplomatischen Aufträgen nach Paris u. 1759 nach Warschau, wurde Kammerherr u. Landeshauptmann von Thüringen u. 1764 als sächsischer Gesandter nach London geschickt, wo er 1809 st. Er war Staatsökonom u. Astronom, machte mehrere sinnreiche Verbesserungen an Instrumenten u. schr.: Recherches sur divers objets de l'économie pol., Dresd. 1781; sein einziger Sohn, 4) Graf Georg, geb. 1768, lebte unvermählt in England, wo er 1855 zu Chingford in Essex starb; er war ein berühmter Schachspieler. 5) Graf Heinrich Ludw., Bruder von B. 3), war Stiftskammerrath in Merseburg u. st. 1833 in Plauen. 6) Graf Heinrich, einziger Sohn des. Vor., geb. 1802, ist preußischer Major a. D. B) Jüngerer Ast, welcher zum Theil katholischer Confession u. im Besitz von Pförten u. Forsta (12 QM., mit 23,000 Ew.) u. Gangloff-Sömmern ist, ausgegangen von 7) Graf Heinrich, jüngstem Sohn von B. 1), geb. 1700 in Weißensee; er war Page bei der verwittweten Herzogin Elisabeth von Sachsen-Weißenfels in Dresden, trat 1720 bei Kurfürst August II. in Dienste, dessen Kammerherr u. Begleiter auf allen Reisen er wurde u. dessen Gunst er in dem Maße besaß, daß er die einträglichsten Staatsstellen erhielt u. vor dessen Tode er noch Kammerpräsident wurde. Nach dem Tode Augusts II. 1732 verschaffte er August III. die polnische Krone, wurde in allen seinen Stellen bestätigt u. erhielt deren noch mehr, stürzte 1738 den Günstling des Königs, Fürsten Sulkowsky, u. wurde nun unumschränkter Minister; auch trat er seinem Herrn zu Gefallen, zum Katholicismus über. Seine Verschwendung u. falsche Politik brachte Sachsen im Österreichischen Erbfolge- u. im Siebenjährigen Kriege, während dessen er sich mit dem Könige in Warschau aufhielt, an den Rand des Verderbens. Kaiser Karl VI. erhob ihn 1737 zum Reichsgrafen, sein König gab ihm 1740 die Herrschaften Forsta u. Pförten u. 1746 das von seiner Familie verkaufte Stammgut Gangloff-Sömmern. Seine Prachtliebe war so groß, daß er unter seinem Hofstaat allein 200 Bediente, 12 Kammerdiener, 12 Pagen, 30 Köche hatte. Er kehrte mit August III. 1763 nach Dresden zurück u. st. am 28 Oct. 1763, wenige Tage nach seinem Monarchen u. nachdem ihm dessen Nachfolger seine Dimission zugesendet hatte. Er war vermählt mit Franziska Mariane Antonie, geb. Gräfin Kolowrat-Krekowski, u. hinterließ 4 Söhne. Von ihm rührt das Brühlsche Palais in Dresden her. Lebensbeschreibung von Justi, 1760–64, 3 Bde. 8) Graf Friedrich Aloys, ältester Sohn des Vor., geb. 1739 in Dresden; studirte in Leipzig u. Leyden, wurde im 19. Jahre polnischer Großfeldzeugmeister, machte im kaiserlichen Heere einen Theil des Siebenjährigen Krieges mit, blieb nach Augusts III. Tode in Diensten des Königs Stanislaus von Polen, zog sich später auf sein Majorat Pförten in der Niederlausitz zurück u. st. bei einem Besuche in Berlin 1793. Er war ein tüchtiger Mathematiker, großer Theaterfreund, auch Theaterdichter u. schr.: Theatralische Belustigungen, Dresd. 1785–90, 5 Bde. Sein einziger Sohn war 9) Graf Friedr. August Adalbert, geb. 1791, Besitzer des Majorats u. Mitglied des preußischen Herrenhauses; er st. 25. Mai 1856, war vermählt in zweiter Ehe 1822 mit Elisabeth, geb. von Kerpen. 10) Graf Friedrich, Sohn des Vorigen, geb. 16. Dec. 1819, folgte seinem Vater 1856 in dem Majorat u. als erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses, u. ist vermählt seit 1846 mit Paula, geb. Gräfin von Spee (geb. 1826), sein ältester Sohn Friedrich ist 1846 geboren. 11) Karl Adolf, geb. 1742, Bruder von B. 8), erst sächsischer Generallieutenant, dann preußischer General der Artillerie; er st. 1802 in Berlin; sein Sohn, 12) Graf Friedrich, geb. 1791, ist preußischer Generallieutenant u. vermählt mit Gräfin Hedwig, geb. v. Gneisenau. 13) Graf Heinrich, Bruder von B. 10), geb. 1743, war sächsischer Gesandter in München u. st. 1793; sein Sohn, 14) Graf Wilhelm, geb. 1788 in München, ist preußischer Generallieutenant u. seit 1839 vermählt mit Gräfin Henriette v. Camuzzi. 15) Hans Moritz, Bruder von B. 11), geb. 1747, war erst Oberst in französ. Diensten, seit 1789 preuß. General-Chausseebanintendant der Provinz Brandenburg u. Pommern, 1796 Oberst à la suite in Potsdam u. st. 1811 in Seifersdorf. Seine geistreiche u. gebildete Gemahlin [366] Johanne Christiane Margarethe, geb. von Schleierweber u. Friedenau, geb. 1754 in Maubeuge, lebte meist in Berlin u. Seifersdorf, dessen Umgebungen sie sehr verschönerte; sie st. 1816 u. schr.: Philosophie des Katholicismus des Fürsten von Ligne, deutsch von Marheinecke, Berl. 1816. 16) Graf Karl Friedrich Moritz Paul, Sohn der Vor., geb. 1772 in Pförten; wurde 1790 preuß. Jagdjunker, 1800 Kammerherr des Prinzen Heinrich von Preußen, dann bei der Königin Mutter u. 1810 dei der Königin Luise; er machte den Feldzug 1813 als Major im Generalstabe mit, war Commandant in Neufchatel, begleitete den König von Preußen nach London u. wurde 1815 Generalintendant der königlichen Schauspiele in Berlin, für welches Fach er von Jugend große Vorliebe hatte.; unter seiner Leitung geschah viel für das Berliner Theater; 1828 gab er die Intendantur ab u. wurde 1830 Generalintendant der königlichen Museen; er st. in Berlin 1837 als wirklicher Geheimer Rath. Er war seit 1814 vermählt mit Jenny, geb. v. Pourtalès; seine Söhne, Graf Karl (geb. 1818) u. Albrecht (geb. 1822) stehen im preuß. Militärdienst.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 366-367.
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