Januarius

[485] Januarius (der heilige) ist unter den Heiligen Neapels der vornehmste. Er soll unter Kaiser Diocletian als Bischof von Benevent mit noch sieben andern Christen im 31. Jahre seines Alters den Märtyrertod erlitten haben. Frühzeitig wurde er der Schutzpatron Neapels, wo unter dem Hauptaltare der Kathedrale seine Gebeine begraben liegen. Als das untrüglichste Zeichen seiner Heiligkeit gilt, daß das bei seiner Hinrichtung zu Puzzuoli unweit Neapel von einer neapolit. Frau aufgefangene Blut zwei Mal des Jahres, im April und im September, flüssig wird. Den 19. Sept. wird das Fest des h. I. gefeiert, welches das beliebteste Volksfest der Neapolitaner ist. Zahlreiches Volk versammelt sich in der Januariuskirche. Hier wird vom Priester das Blut des Heiligen, das in einer gläsernen Kapsel befindlich, eine dunkelrothe, bräunliche Masse bildet, dem versammelten Volke zum Kusse dargereicht und von dem Erzbischof ein feierliches Hochamt gehalten, dem auch der König beiwohnen muß. Nach Beendigung dieser Feierlichkeit nähert sich eine Anzahl alter Frauen, welche Verwandtinnen des heil. I. heißen, dem Hauptaltare und bitten in kläglichem Geschrei, das in der Länge immer heftiger und wüthender wird, das mit einem kostbaren Bischofsornate geschmückte Standbild des Heiligen, daß er möge das Wunder geschehen und das Blut flüssig werden lassen. Ein Priester ist unterdeß fortwährend mit der das Blut enthaltenden Kapsel beschäftigt, bis das Wunder geschehen ist. Durch ein vom Altar gegebenes Zeichen wird das Volk davon benachrichtigt, welches jubelt, das Wunder selbst in Augenschein nimmt und zuletzt in einem tausendstimmigen Freudengesange Lob und Bewunderung des Heiligen ausspricht. Auf dieselbe Weise wird das Wunder, das gleichzeitig zu Puzzuoli bei Neapel, wo der Stein, auf welchem der Heilige hingerichtet wurde, Blut schwitzt, stattfindet, acht Tage nacheinander wiederholt und von dem Gelingen oder Mislingen desselben Glück und Unglück der Stadt abhängig gemacht. Im letztern Falle mag der Heilige das schuldbeladene Volk dieses Gnadenerweises nicht würdigen und muß durch Gebete und Processionen versöhnt werden. Gleiches geschieht auch bei herrschenden Landesplagen, Pest und Theuerung und bei Ausbrüchen des Vesuvs.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 485.
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