Nase

[240] Nase wird gemeinhin der unter der Stirne, über dem Munde und zwischen den Augenhöhlen und Backen gelegene, nur beim Menschen eigenthümlich hervorragende Theil des Gesichts genannt. Aller Verschiedenheiten in Gestaltung derselben ungeachtet, die zum Theil durch Lebensalter, Race und Persönlichkeit bedingt werden, behält sie stets die Form einer dreieckigen Pyramide. Man unterscheidet daran den vordern Rand oder den Rücken der Nase, der sich nach unten in einen rundlichen Vorsprung, die Nasenspitze, endigt, zwei seitliche Flächen, welche in die Wangen übergehen, die Nasenwurzel zwischen den Augenbrauen, endlich die von zwei eirunden Öffnungen, den vordern Nasenlöchern, welche wieder durch die Nasenscheidewand voneinander getrennt sind, durchbohrte Basis und die seitlichen Partien dieser, die sogenannten Nasenflügel. Verschiedenheiten der Gestalt gibt es hauptsächlich drei: die Adlernase, die Stumpf- und die aufgestülpte Nase; die Größe ist ebenfalls bei den einzelnen Personen außerordentlich verschieden. Ihre Richtung entspricht zwar meist der Mittellinie des Körpers, bietet aber bei einer großen Anzahl Menschen eine merkbare Abweichung nach rechts dar, was von der Gewohnheit, sich mit der rechten Hand zu schneutzen, abhängen soll. Die ganze äußere Nase wird von der äußern Haut, welche besonders an der Nasenspitze und den Nasenflügeln zahlreiche Talgdrüsen enthält, überzogen. Die sogenannte innere Nase besteht aus den eigentlichen Nasenhöhlen und den Nebenhöhlen dieser. Die erstern sind durch eine theils knöcherne, theils knorpelige Scheidewand voneinander getrennt, von denen jede wieder durch die sogenannten Muscheln in drei bis vier Gänge getheilt ist, gehen nach hinten in den Rachen über und werden von einer dicken, weichen, gefäß- und nervenreichen Schleimhaut überzogen, welche als der eigentliche Sitz des Geruchsinnes betrachtet werden muß. (S. Geruch.) Außerdem bildet die Nase einen der zwei Kanäle, durch welche das Athmen (s.d.) vor sich geht, hat wesentlichen Einfluß auf die Stimme und nimmt die in sie abfließenden Thränen auf, welche nebst den Absonderungen der Nasenschleimhaut die innere Nase beständig feucht erhalten. Die Nase kann wegen mangelhafter Bildung gänzlich fehlen, was ziemlich selten ist, häufiger aber wird sie durch Krankheit oder auch durch mechanische Einwirkungen zum Theil oder gänzlich zerstört. Gefahrlosere örtliche Krankheiten der Nase sind der Schnupfen und die Rose; doch kann schon letztere, wenn sie mit Brand endigt, ein Blutschwär mit bösartigem Charakter, eine Krebswarze, die meist an den Nasenflügeln ihren Sitz haben, zur Zerstörung der Weichtheile, und zwar von außen nach innen, Veranlassung geben, während Polypen, Blutschwamm u. dgl. sie von innen nach außen und zwar zunächst die Muscheln und Scheidewand zerstören und dann das Einsinken der ganzen Nase zur Folge haben. Größer ist die Zahl allgemeiner, innerer Krankheitszustände, welche den Verlust der Nase herbeizuführen vermögen, wie z.B. die Skrofelsucht, Flechtenschärfe, Lustseuche und mehr noch als diese übermäßiger Quecksilbergebrauch. Um die widrige Entstellung durch den Verlust der Nase möglichst zu beseitigen, kam man schon im hohen Alterthume und zuerst in Indien, wo die barbarische Strafe des Nasenabschneidens sehr in Gebrauch war, auf den Gedanken, sie durch eine neue künstlich gebildete zu ersetzen. Dies Verfahren, welches die künstliche Nasenbildung oder Rhinoplastik heißt, beruht auf der Erfahrung, daß eine durch mechanische Gewalt ganz oder zum Theil getrennte, z.B. abgeschnittene Nase, wenn sie schnell wieder mit dem Stumpfe vereinigt wird, in einzelnen Fällen vollkommen und dauerhaft wieder anheilt. Es ließen daher angeblich vornehme Indier, wenn sie auf irgend eine Weise um ihre Nase gekommen waren, einem ihrer Sklaven die seinige abschneiden und sich dieselbe anheilen Später ward ein Stück aus den Hautbedeckungen des Gefäßes geschnitten und dieses in das Gesicht verpflanzt, und endlich fing man an, eine künstliche Nase aus der Stirnhaut zu schneiden. Dies Verfahren, das bei den Indiern seit Jahrhunderten mit Erfolg angewendet worden zu sein scheint, ward in Europa erst im Jahre 1793 bekannt, aber seitdem oft mit Glück ausgeübt, hatte jedoch ebenfalls Entstellung zur Folge. Man zog daher vor, die zur Nasenbildung nothwendigen Hautlappen aus dem Oberarme zu schneiden, wobei dieser so lange, als der zur Nase umgewandelte Hautlappen sich noch nicht mit den Bedeckungen des Gesichts verbunden hat, an den Kopf befestigt wird. Gegenwärtig bedient man sich zu gleichem Zwecke auch der Haut des Schädels, die vermöge ihrer Derbheit der Nase eine größere Festigkeit gibt und wodurch ebenfalls die entstellende Stirnnarbe vermieden wird.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 240.
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