Pfeffel

Pfeffel

[473] Pfeffel (Gottlieb Konrad), einer der vorzüglichsten deutschen Fabeldichter, geb. 1736 zu Colmar im Elsaß (jetzt [473] Departement Oberrhein), war der Sohn eines aus Deutschland dahin eingewanderten Rechtsgelehrten, verlor aber seinen Vater frühzeitig, ward von seiner Mutter erzogen und auf dem protestantischen Gymnasium seiner Vaterstadt und durch die Fürsorge Verwandter zum Besuche der Universität vorbereitet.

Funfzehn Jahre alt, ging er nach Halle, um sich der Rechtswissenschaft zu widmen, wo aber die Sehkraft seiner von Natur schwachen Augen so bedenklich litt, daß er sich 1753 zum Gebrauch ärztlicher Hülfe nach Dresden wendete, wo sein älterer Bruder, Christian Friedr. P. von Kriegelstein, geb. 1726, lebte, der königl. poln. und kurfürstlich sächs. Legationssecretair war, später in pfalzzweibrückischen und in franz. Staatsdiensten stand und im Genuß einer franz. Pension 1807 in Paris starb. P.'s Übel verschlimmerte sich aber so, daß er bald nach der Rückkehr in die Heimat 1757 ganz erblindete. Die angeborene Heiterkeit seines Gemüths, eine 1759 geschlossene, glückliche Ehe und die Regsamkeit seines Geistes halfen ihm jedoch sein herbes Geschick bis ins hohe Alter geduldig tragen und machten ihn fähig, sowol als Dichter und Schriftsteller, wie als Leiter einer 1773 mit königl. Genehmigung zu Colmar unter dem Namen einer Kriegsschule errichteten höhern protestantischen Erziehungsanstalt, welche bis zur Revolution bestand, einen großen Ruf und ebenso ausgebreiteten wie nützlichen Wirkungskreis zu erwerben. Nach Auflösung derselben widmete sich P. ganz literarischen Geschäften, bearbeitete und übersetzte Mehres aus dem Französischen auch für die Bühne ins Deutsche, blieb aber allen politischen Bestrebungen ganz fremd. Im J. 1803 wurde P. Präsident des zu Colmar neuerrichteten protestantischen Consistoriums und starb am 1. Mai 1809. Viel Gemüth, wahre Lebensweisheit und eine reiche Einbildungskraft, vereinigt mit treffendem Witz und einer großen Gewandtheit des sprachlichen Ausdrucks, charakterisiren im Allgemeinen die Dichtungen P.'s, dessen Verdienst auch das Ausland durch mancherlei Ehrenbezeigungen anerkannte und dem seine Vaterstadt jetzt ein Denkmal errichten wird. Seine Werke sind als »Poetische Versuche« (10 Bde.; 5. Aufl., Tüb. 1802–10) und »Prosaische Versuche« (8 Bde., Tüb. 1803–13), zu denen seine Lebensbeschreibung von Rieder (Tüb. 1820) einen Ergänzungsband bildet, herausgegeben worden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 473-474.
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