Siebold

[190] Siebold ist der Name einer ausgezeichneten deutschen Gelehrtenfamilie. Karl Kaspar von S. (1736–1807) war ein berühmter Chirurg und Professor der Anatomie, Chirurgie und Geburtshülfe. Unter seinen vier Söhnen, welche sämmtlich Arzneiwissenschaft studirten und ausübten, zeichnete sich vorzüglich der jüngste, Adam Elias von S., aus (1775–1828); er war Professor der Medicin zu Würzburg und Berlin, gründete hier die Universitäts-Entbindungsanstalt und schrieb ein berühmtes Werk über die Frauenzimmerkrankheiten. Er hatte zwei Söhne, beide Ärzte, hinterlassen. Eine adoptirte Stieftochter eines Bruders des oben Erwähnten ist Mariane Theodore Charlotte Heiland, genannt von Siebold (geb. 1791), welche die Doctorwürde in der Entbindungskunst erwarb und in Darmstadt die Geburtshülfe ausübt. – Am berühmtesten hat sich in neuerer Zeit Philipp Franz von S. gemacht, welcher auch ein Enkel Karl Kasp. von S. ist. Er wurde 1796 zu Würzburg geboren, wo sein Vater Professor der Physiologie, Klinik und Geburtshülfe war, widmete sich auch dem Studium der Medicin und interessirte sich überdies für Naturgeschichte und Geographie. Nachdem er 1820 Doctor der Medicin geworden war, nahm er einen von den Niederlanden aus an ihn ergehenden Ruf als Sanitätsarzt erster Classe an. Schon 1822 reiste er nach Batavia, wo er als Arzt und Naturforscher der niederländ.-ind. Gesellschaft beigegeben wurde. Im folgenden Jahre begab er sich nach Japan, wo man weitere Ausbreitung der Handelsverbindungen zu bewirken und nähere Kenntniß des Landes zu erlangen wünschte. Er trat mit Japanern selbst in Verbindung, unterrichtete sich über Sitten und Sprache der Japaner, und trat 1826 eine Gesandtschaftsreise nach Jeddo an den kais. Hof an. Überall knüpfte S. Bekanntschaften an, welche ihm zur Erlangung wichtiger Kenntnisse über Japan behülflich waren, und er würde noch glänzendere Erfolge gehabt haben, wenn der niederländ. Gesandte nicht durch einen Verstoß gegen die japan. Hofsitte bewirkt hätte, daß sich die Gesandtschaft bald wieder zurückbegeben mußte. S. wurde sogar in Untersuchung gezogen, weil man auf den Verdacht gekommen war, daß er ein russ. Spion sei, indeß benahm er sich so klug und standhaft, daß er 1829 nur zur Verbannung aus Japan verurtheilt wurde. Es gelang ihm sogar, seine werthvollen Sammlungen zu retten, und 1830 kehrte er nach Europa zurück. Wir verdanken ihm mehre ausgezeichnete Werke über Naturgeschichte, Sprache, Geographie, Statistik und Geschichte Japans, die meist in lat. Sprache geschrieben sind.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 190.
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