Stilicho

[301] Stilĭcho oder Stilico, ein berühmter röm. Feldherr und Staatsmann zur Zeit des Untergangs des abendländischen Kaiserthums, war von Geburt ein Vandale, also ein Mann deutschen Stammes, und hatte sich unter dem Kaiser Theodosius als Soldat so ausgezeichnet, daß er von diesem seine Nichte Serena zur Gemahlin erhielt, und bei seinem Tode, 395, wo er das Reich unter seine beiden Söhne theilte, zum Vormunde des Honorius, der das abendländische Kaiserthum erhielt, ernannt wurde. Bei der Schwäche dieses Kaisers, dem er noch durch seine zwei Töchter Maria und Thermantia verschwägert wurde, gelang es ihm bald, die höchste Gewalt im Reiche zu behaupten. Um die herrschsüchtigen Pläne des Rufinus, der über den morgenländischen [301] Kaiser Arcadius die Vormundschaft führte und diesem unter der Beihülfe des mächtigen Gothenfürsten Alarich, den er ins Reich gerufen, den Thron entreißen wollte, zu vereiteln, unternahm er einen Kriegszug nach Griechenland. Nachdem er zur Sicherung des Reiches ein Bündniß mit den Franken geschlossen hatte, brach er dahin auf, nöthigte Alarich zum Rückzug, kehrte aber selbst wieder nach Italien zurück, als Arcadius nach dem Sturze des Rufinus sich mit Alarich ausgesöhnt hatte. Nun mußte S. das abendländische Reich selbst gegen die Angriffe des Alarich schützen, der im I. 400 mit einem wohlgerüsteten Heere in Italien einfiel. Bei Pollentia kam es 403 während der Osterzeit zwischen Alarich und S., der diesem nur ein eilig zusammengerafftes und größtentheils aus Barbaren bestehendes Heer entgegenstellen konnte, zur Schlacht. Dieselbe blieb zwar unentschieden, aber Alarich räumte gegen ein Lösegeld Italien, und bei dem Triumphzuge, den Honorius deshalb in Rom feierte, saß S. an seiner Seite. Noch einmal rettete S. das Reich vor dem Untergange, als 405 neue Haufen german. Völker unter einem Heerführer Radagais nach Italien einbrachen. Sie wurden von S. bei Florenz 406 aufs Haupt geschlagen. Als hierauf S., um das geschwächte Reich nicht aufs Neue der Gefahr Preis zu geben, die Geldfoderungen der Gothen unterstützte, so wurde dies von eifersüchtigen Gegnern beim Kaiser als eine Hinneigung zu einem Bündniß mit den Gothen gegen das Reich gedeutet, das er für seinen Sohn Eucherius in Besitz nehmen wolle, und der Kaiser war schwach genug, Befehle zu seiner Hinrichtung zu ertheilen. S. suchte vor den kais. Mördern Schutz in einer Kirche, aus der er aber hervorgelockt und dann zu Bologna 408 enthauptet wurde. Seine Statuen wurden niedergerissen und sein Name aus den öffentlichen Denkmälern ausgetilgt. Sein Sohn wurde auf der Flucht er griffen und ermordet. Die Thermantia wurde vom Kaiser ihrer Mutter Serena wieder zurückgeschickt, die durch Selbstmord endete.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 301-302.
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