Turkmanenland

[501] Turkmanenland wird der östl. vom kaspischen Meere und zwischen diesem und dem Aralsee gelegene Theil der freien Tatarei genannt; letzterer bildet die turkmanische Landenge oder den turkmanischen Isthmus, der an der schmalsten Stelle 211/2 M. breit ist. Öde und dürr wie die angrenzenden Wüsten, wird er auch noch von felsigen Höhen durchzogen. Ganz T. wird auf 8000 ! M. angeschlagen und ist größtentheils Steppenland. Die Turkmanen oder Truchmenen, von welchen es den Namen hat und von denen vereinzelte Horden auch hier noch ein Nomaden- und Räuberleben führen und die rauhen Winter in von Erdwällen umgebenen, oft mehre Meilen im Umfange haltenden Sammelplätzen zubringen, sind Seitenverwandte der Türken und Mohammedaner, wohnen unter tragbaren Filzjurten. Zum Theil sind sie den Khanen der Usbeken, wie z.B. dem von Khiwa unterthan; andere ziehen weiter östl. auf chines. Gebiete, und 11/2 Mill. in Armenien und Natolien unter osman. Botmäßigkeit umher. Auch in Rußland hausen an der Westseite des kaspischen Meeres in Daghestan und am Terek einige 1000 Familien Truchmenen, und vom Sultan Murad IV. ward eine Anzahl nach Europa in den südl. Balkan übergesiedelt. Die in Asien umherziehenden halten zahlreiche Heerden von Schafen, Kameelen, Pferden, Ziegen, sind mittler Größe und eher darunter, haben eine ins Gelbliche spielende Gesichtsfarbe und schwarze lebhafte Augen. T. und Khiwa (s. Tatarei) sind für den russ. Handel nach Asien sehr wichtige Gegenden, und werden hauptsächlich von den Karavanen aus Bokhara durchzogen. Daher machte schon Peter der Große den Versuch, durch Übereinkommen mit den Turkmanen und dem Khan von Khiwa mehr Sicherheit für diese Handelsverbindung zu erreichen und sie überhaupt zu erleichtern. Ein deshalb abgeschickter russ. Bevollmächtigter ward aber mit seiner 1500 M. starken Begleitung von Turkmanen überfallen und niedergemacht. Auch nach dem weitern Vordringen der russ. Macht in dieser Gegend Asiens blieben die 1819–20 vom russ. Hauptmann Murawieff und dem Staatsrathe Negris deshalb nach Khiwa gemachten Reisen erfolglos. Da nun die von den Turkmanen und andern Räuberstämmen gelegentlich weggefangenen Russen meist nach Khiwa in die Sklaverei verkauft wurden, so gab die Befreiung derselben der russ. Regierung Veranlassung, 1839 eine starke Truppenabtheilung unter dem Generallieutenant Perowsky deshalb von Orenburg gegen Khiwa abzuschicken. Sie trat am 1. Dec. ihren Marsch an, mußte aber des ungemeinstrengen Winters wegen und nach dem Verlust fast aller zum Transport der Vorräthe mitgenommener Kameele, auf halbem [501] Wege umkehren. Dessenungeachtet gab der Khan von Khiwa die als Sklaven dort befindlichen Russen los, und im Oct. 1840 kamen 415 derselben in Orenburg an; auch kam, wie es scheint unter engl. Vermittelung, eine Art Friedensschluß mit Khiwa zu Stande.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 501-502.
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