Walraf

[650] Walraf (Ferdin. Franz), ein als Kunstkritiker und Sammler und durch seine wissenschaftlichen und bürgerlichen Verdienste (namentlich um seine Vaterstadt Köln) ausgezeichneter Mann, wurde 1748 als Sohn eines bemittelten Schneidermeisters geboren. Nachdem er an der ehemaligen kölner Universität hauptsächlich alte Sprachen, philosophische, geschichtliche, zuletzt auch theologische Studien betrieben und 1773 die Priesterweihe erhalten hatte, war er nach und nach Lehrer am montaner Gymnasium, ordentlicher Professor der Ästhetik, später der Botanik und Naturgeschichte, [650] wurde Doctor der Medicin und 1794 Rector der Universität Köln. Er legte jedoch diese Würde und alle seine Aemter nieder, als die franz. Revolutionsregierung ihm zumuthete, als Priester »Haß dem Königthume« zu schwören. Nach Aufhebung der Universität wurde W. im J. 1799 Professor der Geschichte und schönen Wissenschaften, gab jedoch diese Stelle bald wieder auf; 1802 war er bei der kirchlichen Reorganisation seiner Vaterstadt mit thätig, widmete sich aber nun ausschließlich wissenschaftlichen, archäologischen und Kunstforschungen und Sammlungen. Schon seit 1783 hatte er besonders die letztern beständig im Auge gehabt, während der franz. Revolution manche günstige Erwerbung gemacht, in welcher Zeit er auch mit persönlicher Gefahr die schon beschlossene Entfernung der bunten Fenster des kölner Doms verhinderte. Im Interesse dieser Bestrebungen machte W. Reisen, und schon 1804 war ihm ein dem Domcapitel gehöriges Haus deshalb auf Lebenszeit überlassen, 1818 aber setzte er die Stadt Köln zur Erbin seiner werthvollen Sammlungen ein. Sowol von dieser, als auch seit 1819 vom Könige von Preußen, wurden ihm nun Jahrgelder gewährt, von denen er fortwährend neue Ankäufe machte, noch sein 50jähriges Priesterjubiläum beging und im März 1824 starb. Seine Bibliothek und Sammlungen von Handschriften, Gemälden (1616), Zeichnungen, Kupferstichen, Holzschnitten, Naturalien, Alterthümern und Seltenheiten aller Art wurden 1827 im kölner Hofe als städtisches Museum aufgestellt. W. war auch als Schriftsteller thätig und hat sich namentlich als Münzkenner, durch kunstgeschichtliche und beurtheilende Arbeiten, sowie als Geschichtschreiber seiner Vaterstadt ausgezeichnet.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 650-651.
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