Papier

[349] Papier (vom grch. papyros, der Papyrusstaude [s. Papyrus antiquorum]), aus Wasser niedergeschlagener und getrockneter dünner Stoff aus Fasern von Lumpen, Holz, Stroh u.a.; dickere Platten heißen Karton (s.d.), die dicksten Pappe (s.d.). Die Lumpen, das Hauptmaterial der Papierfabrikation, werden sortiert, zerschnitten, durch Kochen mit Kalk-, Soda-, oder Pottaschelauge gereinigt und dann im Holländer zerkleinert, erst zu sog. Halbzeug, wobei die Lumpen in einzelne Fasern aufgelöst werden, dann zu Ganzzeug, einem dünnen Brei zerkleinerter Fasern. Die Holländer bestehen aus einem länglichen Trog, der durch eine Scheidewand zu einem in sich zurücklaufenden Kanal gebildet ist. In dem einen Zweige dieses Kanals dreht sich eine Messerwalze, welcher am Boden eine Anzahl fester Messer fast bis zur Berührung gegenüberstehen; zwischen diesen Messern wird die Masse zerkleinert. In einem besondern Bleichholländer wird der Masse Chlor zugeleitet, dessen Überschuß später durch Antichlor entfernt wird. Dem Ganzzeug wird dann der nötige Leim, sowie etwaige Farbe und Füllstoffe beigegeben. Die eigentliche Papierbildung erfolgt entweder durch Handarbeit oder mittels Maschinen. Bei der Fabrikation des Hand- oder Bütten-P. werden die Bogen einzeln aus der mit der Papiermasse gefüllten Bütte geschöpft, mittels einer sog. Form, einem mit siebartigem Geflecht oder Drahtgewebe bespannten Rahmen. Der noch nasse Bogen wird auf dem sog. Filz (lose gewebtes rauhes Wollzeug) abgelegt; auf den Bogen kommt noch ein Filz, dann wieder ein Bogen etc. Bei der Fabrikation des Maschinen-P. wird das Aufbringen der Papiermasse auf das Sieb, das Übertragen auf den Filz etc. von Mechanismen bewirkt. Aus den Bütten fließt das Zeug in den Regulator, aus dem es mit gleichförmiger Stärke der Maschine zugeteilt wird, nachdem es vorher noch einen Sandfang und einen Knotenfänger passiert hat. Das Sieb, auf welches das Zeug nun abfließt, ist entweder eine wandernde horizontale Ebene oder ein rotierender Zylinder. Durch verdünnte Luft wird auf der andern Seite der Siebfläche die Hauptmenge des im Zeug enthaltenen Wassers abgesaugt. Der Rest des Wassers wird teils durch Walzen ausgepreßt, teils über heißen Trockenzylindern verdampft. Nachdem die Papierbahn noch von Satinierpressen geglättet und einem Längsschneideapparat an den Rändern beschnitten, event. auch der Länge nach in Streifen zerteilt ist, gelangt sie zum Schluß auf einen Wickelapparat, dem sie in Form von Rollen entnommen wird. – Die Erfindung des P. wird den Chinesen zugeschrieben, die schon im 3. Jahrh. v. Chr. ein P. aus Hanf fertigten. Von ihnen kam die Papierbereitungskunst im 7. Jahrh. n. Chr. zu den Japanern, dann zu den Arabern, die in Kleinasien, Nordafrika, Sizilien und Spanien sog. Papierhäuser anlegten, aber die Kunst geheim hielten. Erst durch die Kreuzzüge kam sie nach dem Abendlande; in Deutschland finden sich ihre Anfänge um 1190, in Frankreich um 1250, in Italien um 1275, in der Schweiz um 1430. Die erste deutsche Papiermühle entstand in Ravensburg 1290. In Belgien und Holland wurde die Papierfabrikation 1686 durch franz. Emigranten, in den meisten übrigen europ. Staaten erst zu Anfang des 18. Jahrh. eingeführt. Die Erfindung der Papiermaschine fällt gegen Ende des 18. Jahrh. – Vgl. Klemm (1904), Müller und Haußner (1905).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 349.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: