Stahl (Mineralien)

[386] Stahl (Mineralien), eine Verbindung von Eisen mit einer gewissen Menge von Kohlenstoff, welche, rothwarm geglüht und in kaltem Wasser schnell abgelöscht, härter, unbiegsamer und spröder als vorher wird[386] und je nach seiner stärkeren oder geringeren Vermischung mit Kohlenstoff mehr oder weniger mitten inne zwischen dem Schmiede- und dem Roheisen liegt. Während das Schmiede- oder Stabeisen wegen seiner Ermangelung des Kohlenstoffs, in warmer und kalter Behandlung vollkommen dehnbar, zäh, schweißbar und außerordentlich schwer zu schmelzen ist, läßt sich sein entgegengesetzter Pol, das kohlenstoffreiche Roh- oder Gußeisen, weder kalt noch warm dehnen, ist hart und spröd, aber leicht zu schmelzen. Zwischen diesen beiden Zuständen des Eisens finden sich nun eine Reihe von Abstufungen hinsichtlich des Kohlenstoffgehaltes vor, zu deren wichtigsten und für die Künste und Gewerbe nützlichsten nun eben der S. gehört, dessen Kohlenstoffgehalt von 1/2 bis 21/2 in Hundert steigt, und welcher am besten aus Eisen gewonnen wird, dessen Erze mangan- oder braunsteinhaltig sind, namentlich aus dem Spatheisensteine. Aus dem Mangel an dem zur Stahlbildung nöthigen Kohlenstoff im Schmiedeeisen und zu der großen Menge desselben im Roheisen gehen nur 2 Hauptmethoden hervor, den S. im Großen zu gewinnen: nämlich die Fabrication des Schmelzstahls aus Roheisen, indem letzterem sein Ueberfluß an Kohlenstoff so weit entzogen wird, daß er nur noch so viel behält, um Stahl zu sein; und die Fabrication des Cement-, Brenn- oder Blasenstahls aus Schmiedeeisen, welches mit dem zur Stahlbildung nöthigen Kohlenstoffe verbunden wird. Bei der ersteren Methode wird das Roheisen von dem zur Arbeit nöthigen Essenfeuer, Stahlfeuer genannt, rasch niedergeschmolzen, wodurch man den rohen Schmelzstahl, den Rohstahl, gewinnt, welcher wiederum durch das sogenannte Gerben oder Raffiniren mehr oder weniger verfeinert wird, worauf er raffinierter oder gegerbter Schmelzstahl heißt. Zur Gewinnung des Cement-, Brenn - oder Blasenstahls wird das Schmiedeeisen in Stangen in einem hierzu besonders construirten Ofen von feuerfestem Thone mit kohlenstoffhaltigen Körpern stark und anhaltend geglüht, worauf der Kohlenstoff dasselbe von außen[387] nach innen durchdringt. Diese neue in Cementstahl umgewandelten Stangen werden dann ebenfalls wie der Schmelzstahl gegerbt oder raffinirt. Die höchstmöglichste Verfeinerung aber des Stahls bewerkstelligt die zuerst in England ausgeführte Bereitung des Gußstahls, welche darauf beruht, daß der S., am liebsten der Schmelzstahl, in vollkommenen Fluß gebracht und von dem Kohlenstoffe ganz gleichförmig durchdrungen wird. In neuerer Zeit hat man es auch versucht, die vorzüglichen Eigenschaften dieses Gußstahls durch Legirungen mit andern Metallen noch zu verbessern: unter ihnen ist der bekannteste der Silberstahl, eine Verbindung des Gußstahls mit 1/560 Silbermetall, und der Meteorstahl, welcher mit Nickel-, Silber-, Blei-, Zink-, auch Erdmetallen legirt ist. Eine dritte, sehr vorzügliche Stahlgattung ist mit Thonerdemetallen gemengt, kam ursprünglich aus Indien und ist unter dem Namen Wootz bekannt. Ueber damascirten St. s. Damasciren. In ihrer höchsten Vollkommenheit blüht die Stahlerzeugung in Deutschland, England, Frankreich und Schweden. In ersterem Lande ist bis jetzt nur die Schmelzstahlfabrikation von wahrer Bedeutung, namentlich in Steiermark und Kärnthen, wo sich die besten Spatheisensteine in größter Menge vorfinden. Stahlsorten von geringere Güte liefern Solingen, Schmalkalden und Suhl. Ein vortreffliches Rohstahleisen erzeugen die Schmelzhütten in Nassau-Siegen, und in Westphalen, Schlesien und am Harz gewinnt man einen mittelmäßigen Schmelzstahl aus grauem Roheisen. Auch finden sich jetzt an sehr vielen Orten Deutschlands umfassende Stahlwaarenfabriken und die künstlichen Stahlarbeiten aus Remscheid, Berlin etc. werden der Leserin bekannt sein. England versendet eine außerordentliche Menge Gußstahl in alle Länder Europa's, und verarbeitet seinen Cementstahl in den großen Stahlwaarenfabriken von Sheffield, Birmingham, Soho etc. zu den mannichfaltigsten Artikeln. Frankreichs bedeutendste Fabriken sind zu Thierd, Theux, Sedan, St. Dizier, Moulins, Langres, l'Aigle und Amboise, und[388] vorzüglich guter Schmelzstahl wird im Elsaß und in der Dauphiné erzeugt. Schwedens Stahlproducte gehen vorzüglich nach Rußland.

4.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 386-389.
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