Trient

[191] Trient, die Hauptstadt des trienter Kreises, eine der äußersten Wachten, welche Deutschland ausstellte an den lombardischen Marken, im Süden Tyrols, wo schon Germanien und Welschland harmonisch in einander fließen und sich um den deutschen Fichtenkranz italischer Orangenguirlanden winden. Die Stadt ist nicht groß, alt und ziemlich eng gebaut; aber ihre Lage am linken Ufer der Etsch in einem reizenden Thale ist höchst überraschend. Ein schöner öffentlicher Platz ist die Piazza grande mit einem Neptunsbrunnen, und unter den Gebäuden zeichnen sich das Rathhaus, das bischöfliche Residenzschloß, reich an Marmor und Frescomalereien, das große und alte Castell, das Schauspielhaus und mehrere Kirchen vortheilhaft aus. Die gothische Domkirche des h. Vigilius ist in drei Schiffe getheilt; über dem Hochaltare, welcher wie in der Peterskirche zu Rom in der Mitte steht, befindet sich eine auf vier marmornen Säulen gestützte Marmorkrone und die 32 Klafter hohe Kuppel; und auch von Außen gewährt die Kirche mit ihren Altanen, Statuen, vier steinernen Löwen, zwei Thürmen und eben so viel Kuppeln einen höchst imposanten Anblick. In der Marienkirche (Sta Maria Maggiore), wo sich eine herrliche Orgel befindet, wurde die berühmte ridentinische Kirchenversammlung, welche die Glaubensartikel der römisch-katholischen Kirche unwiderruflich festsetzte, von 45–63 gehalten. – T. ist Sitz des Kreisamts und eines Bisthums,[191] und besitzt eine philophische Lehranstalt mit Bibliothek, eine Lehranstalt für Mädchen, eine Wohlthätigkeitsanstalt mit Spital, zwei Waisenhäuser und ein Arbeitshaus. Ansehnliche Ledergerbereien, sechs Seidenfilatorien, eine Papiermühle, Wachsbleiche, Glasbläserei etc. und einiger Handel mit Eisen- und Stahlwaaren, Seide und Seidenwaaren sowohl zu Lande als auf der Etsch, beschäftigen die 12,000 Ew, welche meist italienisch reden, sowie auch die italienische Lebensart mit ihren Speisen und Getränken, ihren Kaminen und Gypsfußböden über die deutschen Sitten das Uebergewicht behauptet.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 191-192.
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