Außenwelt

[114] Außenwelt ist der Inbegriff der Außendinge mit ihren Eigenschaften, die Summe des vom Ich Unterschiedenen, Objectiven, in Raum und Zeit constant Vorgefundenen (den Leib des Erkennenden inbegriffen), vom fühlendwollenden Subject unabhängig Existierenden, der »transcendenten Factoren« (s. d.), die sich uns in Vorstellungen und Begriffen objectivieren. Was ich als mir Entgegenstehendes, von mir Unabhängiges setze, ist für mich Außenwelt im Gegensatze zur Innenwelt, der stetigen Reihe meiner Erlebnisse als solcher. Je nach der Stufe der Erkenntnis ist der Außenweltsbegriff ein verschiedener: das naive Bewußtsein hält seine Wahrnehmungsvorstellungen unmittelbar für die Objecte selbst, die Einzelwissenschaft unterscheidet die (gedachten) Objecte von den subjectiven Empfindungen und Vorstellungen, die erkenntniskritisch fundierte Metaphysik versteht unter Außenwelt eminenter die den Objecten, den vorgestellten wie den wissenschaftlich gedachten, zugrunde liegenden Factoren (das »An-sich« der Dinge). Während ferner der Realismus (s. d.) die Außenwelt ganz außerhalb des erkennenden Bewußtseins setzt, betrachtet der Idealismus (s. d.) die Außenwelt als etwas dem erkennenden (allgemeinen, reinen, transcendentalen) Bewußtsein Immanentes, als Summe von Vorstellungen und Vorstellungsmöglichkeiten oder als Verwebungen von Vorstellungen mit Einheit, Gesetzmäßigkeit, Objectivität setzenden Gedanken (empirischer u. kritischer, transcendentaler oder methodischer Idealismus). Der naive, dogmatische Realismus setzt die Dinge der Außenwelt den Vorstellungen qualitativ gleich, der kritische Realismus nimmt nur eine Conformität zwischen Vorstellung (Gedanke) und Gegenstand an. Anders stellt sich ferner der Materialismus (s. d.), anders der Spiritualismus (s. d.) zum Außenweltsproblem. Für den Solipsismus (s. d.) endlich ist die Außenwelt nur im und für das (Einzel-) Ich. Bezüglich des Problems des Außenweltsbewußtseins bestehen mannigfache Theorien. Vgl. besonders Object, dann Ding, Ding an sich, Qualitäten, Anschauungsformen, Kategorien, Wahrnehmung u.s.w.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 114.
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