Christine [1]

[109] Christine, Königin von Schweden, Tochter Gustav Adolfs und der Marie Eleonore von Brandenburg, regierte unter Vormundschaft von 1632–1644, selbstständig von 1644–1654, wo sie gegen eine Pension die Regierung an den Pfalzgrafen Karl Gustav abtrat. Sie begab sich zuerst nach Brüssel, wo sie zur kath. Kirche zurücktrat, welchen Act sie feierlich zu Innsbruck am 3. November 1655 wiederholte. Hierauf zog sie nach Rom, besuchte 1656 und das folgende Jahr Frankreich, 1660 Schweden, abermals 1666, lebte übrigens meistens in Rom, wo sie 1689 den 19. April st. und in der St. Peterskirche begraben wurde. C. war von Natur ein Mannweib und wurde auch nicht weiblich erzogen; sie erwarb sich alle Kenntnisse, die ein Regent nöthig hat, leitete die Politik Schwedens trotz dem erfahrensten Staatsmanne, war entschlossen und kühn wie ihr Vater, dabei Freundin und Kennerin der Kunst und in den schönen Wissenschaften bewanderter als mancher Professor. Sie sammelte einen Kreis gelehrter Männer um sich, unter denselben H. Grotius, Isaak Vossius, Huetius, Meibomius, Descartes etc.; ihre Bibliothek und Kunstsammlung gehörte zu den ausgezeichnetsten. Schon früher war sie auf Willkürlichkeiten des protestantischen Systems gestoßen, aufmerksamer geworden fand sie deren immer mehr, eigenes Studium und der Umgang mit kath. Theologen überzeugte sie von der irrthümlichen Grundlage des Protestantismus und anderseits von der Wahrheit der kathol. Religion. Sie kehrte in den Schoß der Kirche zurück, obwohl sie diesem Schritte die Krone und in den Augen der Welt als Tochter Gustav Adolfs die kindliche Liebe opfern mußte. (Grauert, Christine von Schweden und ihr Hof; Bonn 1838–42. Archenholz, Memoiren der [109] Königin Christine; Berlin 1751–60; Ranke, Päpste, III. Bd.; Historisch-politische Blätter 1843. XII.)

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 109-110.
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