Fulda [2]

[827] Fulda, das Kloster, die großartigste Schöpfung des hl. Bonifacius (s. d.), wurde von diesem und seinem Schüler, dem im Bayerland geb. hl. Sturmio im waldigen Buchgau (Buchonia) an einer Stelle gegründet, wo keine Ueberfälle der heidn. Sachsen zu fürchten waren. Karlmann schenkte dem hl. Bonifacius [827] den Platz (Eihloha) mit dem ansehnlichen Gebiete von 4000 Schritten ins Gevierte. Am 12. Jan. 744 geschah die Besitznahme, in 3 Jahren waren Kloster u. Kirche fertig, Sturmio lernte Monte-Casino kennen u. wurde alsdann der erste Abt des Klosters F., welches für Mitteldeutschland rasch dieselbe Bedeutung gewann, wie Corvei für das nördl., St. Gallen für das südl. Deutschland. Schon unter Sturm soll die Zahl der Mönche von 7 auf 700 gekommen sein, von denen viele in entfernten Zellen lebten, die Wildniß urbar machten u. die Entstehung von Ortschaften veranlaßten. Die Klosterschule wurde von Jünglingen weither besucht, schon Karl d. Gr. stellte sie allen andern als Musterschule vor u. legte den Grund zu ihrer Bibliothek. Als der 26jähr. Rhabanus Maurus 810 Rektor wurde, lehrte man in F. die Wissenschaft in ihrem ganzen damaligen Umfange u. kaum war Rhabanus 822 Abt geworden, so wies er bestimmte Einkünfte an für Verfertigung aller Arten von Kunstwerken – Baukunst, Sculptur, Bildschnitzerei, getriebene Arbeiten, Malerei – und legte damit den Grund zu einer Kunstschule, welche der 13. Abt, Hadamar, vollendete. Von Erläuterungen und Uebersetzungen der Bibel und. Kirchenväter bis herab zur gröbsten Feldarbeit ward Alles in F. getrieben und um so großartiger, je mehr sich die Besitzungen durch die Karolinger mehrten u. später über einen großen Theil Deutschlands ausbreiteten. Viele Sendboten, Richter, Kanzler und Räthe der Fürsten holten ihre Bildung in F., welches der Kirche zahlreiche Missionäre, Gelehrte, 22 Erzbischöfe u. Bischöfe u. 14 Aebte lieferte. Im 11. Jahrh. kam Verderbniß auch über F.; der junge Heinrich IV. war 1063 Augenzeuge, wie sich der Bischof von Hildesheim u. der Abt von F. um den Vorsitz in der Kirche rauften und eine blutige Schlägerei veranlaßten. Im Jahr 1331 mußte der strenge Abt von F. einen Aufruhr der Bürger der Stadt durch Hinrichtungen niederschlagen; 1515 kam die Abtei Hirschfeld zu F., dagegen brachte der Bauernkrieg diesem 1525 arge Verwüstung. Noch 1734 stiftete der Abt eine Universität, 1752 wurde F. Hochstift (reichsunmittelbares Bisthum), aber 1803 kam das Hochstift (damals noch 37 QM. mit 70000 E.) an den Prinzen von Oranien (Nassau-Diez), 1806 durch Napoleon an den Großherzog von Berg, 1809 an den von Frankfurt, 1815 zuerst an Preußen, dann großentheils an Kurhessen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 827-828.
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