Pfalz [2]

[512] Pfalz, ehemaliger Staat Deutschlands, dessen Fürst die Kurwürde besaß, bestand aus der Ober-P. (zwischen Böhmen, Bayern, Baireuth, Kulmbach und Nürnberg), ein 130 QM. großes Land mit der Hauptstadt Amberg, und der Unter- oder Rhein-P., einem sehr zerstückelten Landstriche zu beiden Seiten des Rheins von 75 QM. Größe mit der Residenz Heidelberg; letztere bestand aus der eigentlichen Kur-P., dem Fürstenthum Simmern, dem Herzogthum Zweibrücken, der halben Grafschaft Sponheim, den Fürstenthümern Veldenz und Lautern. Die ganze P. war bis 1620 vereinigt. Die P.grafschaft am Rhein war bis auf Kaiser Friedrich II. in verschiedenen Händen; Friedrich I. verlieh dieselbe seinem Bruder Konrad, von diesem ging sie an seinen Schwiegersohn Heinrich von Braunschweig, einen Sohn Heinrichs des Löwen, über, von diesem an seinen Schwiegersohn, Otto II. von Bayern, so daß 1225 das Haus Wittelsbach beide P.en besaß. 1295 theilten die Söhne Ludwigs des Strengen, Rudolf und Ludwig, das wittelsbachische Erbe; der eine behielt die P., bei welcher die Kurwürde verblieb, der andere erhielt das Herzogthum Bayern, das im 30jährigen Kriege die Kur erwarb, welche der westfäl. Friede bestätigte. P.graf Rudolf II., gest. 1353, erwarb Neuburg und Sulzbach (Junge P.), aber Ruprecht III. (gest. 1410 als Kaiser) theilte das Land unter seine 4 Söhne, wodurch die Linien Rhein-P. mit der Kur, Ober-P., Zweibrücken, Simmern und Mosbach entstanden, von denen Ober-P. und Mosbach bald erloschen, was 1559 auch bei Kur-P. geschah, die nun an Friedrich III. von Simmern fiel, der die calvinische Lehre annahm. Die P. war damals von großer Bedeutung sowohl durch eigene Hilfsquellen, als durch die Verbindung mit Holland, den Hugenotten und später mit dem franz. Könige Heinrich IV. von Frankreich; sie verlor dieselbe durch Friedrich V., der 1619 nach der böhm. Krone griff und während des ganzen 30jährigen Krieges nicht in den Besitz seines Erblandes kam. Im westfäl. Frieden erhielt sein Sohn Karl Ludwig die Rhein-P. zurück, die neue 8. Kur, verlor aber die Ober-P. an Bayern. P.-Simmern erlosch 1685 u. wurde von P.-Neuburg, einer 1569 entstandenen Linie des Hauses, beerbt. Diese verzweigte sich wieder in: P.-Sulzbach, Veldenz (ausgestorben 1694), Neu-Zweibrücken (ausgestorben 1661), beerbt von Birkenfeld, das nun Zweibrücken-Birkenfeld heißt. Schauderhafte Verwüstungen erlitt die P. durch die Heere Ludwigs XIV. von 1682–97. P.-Neuburg st. 1742 aus und erbte an Karl Theodor von P.-Sulzbach, der beim Erlöschen der bayer. Wittelsbacher 1777 auch Kurfürst von Bayern wurde. Mit ihm st. 1799 auch die Sulzbacher Linie aus und Max Joseph von Zweibrücken-Birkenfeld hätte wieder das gesammte Erbe der Wittelsbacher vereinigt, wenn nicht die großen Umwälzungen durch die frz. Kriege eingetreten wären. Die P. jenseits des Rheins fiel an Frankreich, diesseits an Baden, Leiningen, Hessen-Darmstadt und Nassau; die Friedensschlüsse [512] von 1814 u. 1815 gaben die ehemalige P. jenseits des Rheins an Bayern, Hessen-Darmstadt und Preußen, diesseits des Rheins an Baden.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 512-513.
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