Reineke Vos

[696] Reineke Vos d.h. Fuchs, eine von Willem de Madoc um 1250 gelieferte niederländ. (holländ.) Bearbeitung der ursprünglich deutschen (fränk.) Thiersage, welche laut Rollenhagen von Nik. Baumann (gest. 1526 als Professor der Rechte zu Rostock, laut einem Drucke von 1498 aber von Heinrich von Alkmar (Erzieher des Herzogs von Lothringen) ins Plattdeutsche übersetzt wurde. Diese Uebersetzung gab 1711 ein gewisser Hackman, 1834 aber Hoffmann von Fallersleben mit einem vortrefflichen Wörterbuche heraus; im 16. Jahrh. erschien auch eine lat. Bearbeitung des R. V. und seitdem manche Umarbeitung, namentlich durch Gottsched und Göthe. Im Gedichte spielt an König Nobels des Löwen Hofe der ränkevolle Fuchs die Hauptrolle, Braun der Bär, Hinz der Kater, Grimmbart der Dachs, Isegrimm der Wolf, Lampe der Hase u.s.w. werden sammt dem Löwen mehr oder minder ergötzliche Opfer seiner List und Heimtücke. Seit dem 16. Jahrh. herrschte die Ansicht, der R. V. sei eine Satire auf das Hofleben u. natürlich auch auf die Geistlichkeit, allein in neuester Zeit machte man dagegen geltend, die Thiersage sei von vornherein niemals satirischen Charakters gewesen und die ältesten Bearbeitungen des R. V. zeigten ebenfalls nichts von Satire; gewiß ist, daß der R. V. ein vortreffliches Gedicht bleibt, mag man denselben als Schilderung des Lebens der Thiere oder der Menschen in Thiergestalt hinnehmen. An der Bearbeitung Göthes in neuhochdeutschen Hexametern (1794) rügt J. Grimm, daß dieselbe der »natürlichen, einfachen Vertrautheit« entbehre, um daraus eine vollständige u. richtige Ansicht von der Thiersage zu gewinnen, dagegen ist Göthes Bearbeitung namentlich auch durch Kaulbachs meisterhafte Zeichnungen zu einem wahren Nationalwerk geworden; im Urmaß wurde das Gedicht übersetzt von Soltau (1803) und Simrock (1815).

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 696.
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