Autodafé

[186] Autodafé (portug. auto da fé, span. auto de fe, v. lat. actus fidei, »Glaubenshandlung, Glaubensgericht«), die feierliche Vollstreckung der von der spanischen Inquisition wegen Ketzerei erlassenen Straferkenntnisse. Zunächst bezeichnete A. nur die öffentliche, feierliche Vorlesung des Urteils, dessen unmittelbare Folge jedoch immer die Vollstreckung war. Oft verschob man nach beendigter Untersuchung jene feierliche Urteilsverkündigung, um an einem hohen Festtag den Triumph der Kirche durch gleichzeitiges Abtun einer größern Zahl von Opfern zu verherrlichen. Das Volk strömte dazu in Masse herbei, da schon das Zuschauen für verdienstlich galt, und selbst die vornehmsten Männer suchten eine Ehre darin, dabei als Schergen des heiligen Gerichts zu figurieren. Auch der König pflegte zur Erhöhung der Feierlichkeit mit dem ganzen Hofe zugegen zu sein. In Prozession führte man die zum Tode verurteilten Ketzer, die barfuß gingen und mit[186] dem Bußkleid (saco bendito, Sanbenito) und einer spitzen Mütze angetan waren, und hinter denen die Bildnisse entflohener und in Särgen die Leichname verstorbener Angeklagten hergetragen wurden, zur Kirche, wo die Verurteilten mit ausgelöschter Kerze in der Hand vor einem Kruzifix aufgestellt wurden, um ihr Urteil zu vernehmen. Darauf wurden sie dem weltlichen Richter überliefert und gefesselt in den Kerker zurückgebracht, um von da zum Richtplatz geführt zu werden. Widerriefen sie schließlich noch ihre Ketzerei, so wurden sie vorher erdrosselt, im entgegengesetzten Fall aber lebendig verbrannt und mit ihnen die Bildnisse und Gebeine der entflohenen oder verstorbenen Angeklagten. Seit 1481 waren diese Massenhinrichtungen im Schwange, und eins der glänzendsten Autodafés war das, welches noch 1680 unter Karl II. zu Madrid stattfand. Während des 18. Jahrh. kamen sie in Abnahme. Der Unterschied des spätern Verfahrens von dem frühern bestand darin, daß man die Hinrichtungen in der Regel im Inquisitionsgebäude vollzog. In Spanien allein sind von 1481–1808, den 1834 veröffentlichten Berichten zufolge, 34,658 Menschen öffentlich oder im geheimen hingerichtet, 288,214 zu lebenslänglichem Gefängnis oder zu den Galeeren verurteilt worden. Vgl. Inquisition.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 186-187.
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