Balbo

[295] Balbo, Cesare, Graf, ital. Staatsmann und Schriftsteller, geb. 21. Nov. 1789, gest. 3. Juni 1853, wurde 1807 Auditeur bei dem Staatsrat in Paris, 1808 Sekretär der Regierungskommission, die Toskanas Vereinigung mit dem Kaiserreich vollzog, und 1809 der zu gleichem Zweck für Rom ernannten Konsulta. 1812 ward er französischer Kommissar für die illyrischen Provinzen, nach Napoleons Sturz sardinischer [295] Offizier und eine Zeitlang der Gesandtschaft in Madrid beigegeben, trat aber 1821 als Major aus dem Heere. Bis 1824 lebte B. in England und Frankreich; dann kehrte er in die Heimat zurück und nahm 1826 seinen Aufenthalt in Turin. Er beschäftigte sich mit historischen Studien und veröffentlichte unter anderm eine »Geschichte Italiens« (bis zu Karl d. Gr.) in zwei Bänden, ein »Leben Dantes« und eine kommentierte Übersetzung von Leos »Entwickelung der Verfassung der lombardischen Städte«. Bekannter machten ihn 1844 die »Speranze d'Italia« (5. Aufl. 1855), worin er zeigte, daß die Unabhängigkeit und Einheit Italiens der Freiheit vorangehen müßten. Auch sein Handbuch der italienischen Geschichte (»Sommario della storia d'Italia dall' origine fino al 1814«, 11. Aufl., Bastia 1860) fand Beifall. Außerdem schrieb B. für den Turiner »Risorgimento«, die »Nuova Antologia« u. a. und galt seit 1847 als einer der angesehensten Führer der gemäßigten Liberalen. Zur demokratischen Partei stand er 1848–49 im Gegensatz, nahm dagegen Anteil an dem Kriege gegen Österreich. Seit Erlaß der Verfassung vom 8. Febr. (4. März) 1848 leiteten in Sardinien meist Balbos Parteigenossen die Regierung, der er selbst nur wenige Monate 1848 vorstand. In der Deputiertenkammer besaß er, obwohl fast völlig erblindet, bis zum Tode großen Einfluß. Seine Biographie schrieben Ricotti (Flor. 1856), Reuchlin (Nördling. 1860) und Reumont (in den »Zeitgenossen«, Berl. 1862).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 295-296.
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