Chlothar

[83] Chlothar (Chlotachar), Name mehrerer fränk. Könige aus dem Geschlechte der Merowinger: 1) C. 1., Chlodwigs I. und Klothildens jüngster Sohn, erhielt 511 bei der Teilung des Reiches den nördlichen Teil mit Soissons. 523 und 524 bekriegte er mit seinen Brüdern die Burgunder. Als sein Bruder Chlodomer gefallen war, ermordete er dessen Söhne im Verein mit Childebert und teilte mit diesem ihr Land. Seinen Bruder Theoderich I. unterstützte er 530 gegen die Thüringer; 532 eroberte C. mit seinem Bruder Childebert Burgund, das sie sich teilten; 542 durchzog er mit Childebert den größten Teil Spaniens. Als Theudeberts I. Sohn Theudebald 555 und Childebert 558 starben, erhielt C. deren Reiche und vereinigte so das ganze Frankenreich wieder in einer Hand. In seinen letzten Jahren führte er Krieg mit den Sachsen, denen er einen jährlichen Tribut von 500 Kühen auflegte, und gegen die aufständischen Thüringer, mußte aber auch gegen seinen Sohn Chramm, der sich im Arvernerland empörte, zu Felde ziehen; als er ihn besiegt und gefangen genommen hatte, ließ er ihn mit Frau und Kind in einer Hütte verbrennen. Wegen seiner Sinnlichkeit kam er wiederholt in Streit mit der Kirche. Nach seinem Tode (561) wurde das Reich unter seine vier Söhne geteilt.

2) C. II., Chilperichs I. und Fredegundes letzter Sohn, kam 584, erst 4 Monate alt, unter Vormundschaft seiner Mutter und unter dem Schutz seines Oheims Guntram von Burgund auf den Thron. nachdem ihn die Großen des Reiches als echten Sohn Chilperichs anerkannt hatten. 593 schlug er den Herzog Wintrio, der als Feldherr Childeberts II. sein Reich angriff. Nach Childeberts II. Tod nahm Fredegunde mit ihrem Sohn 596 Paris und die übrigen Städte in Besitz und schlug Theudebert und Theoderich, Childeberts Söhne. Diese rächten sich aber nach Fredegundes Tod (597) und zwangen C. 600 durch ihren Sieg bei Dormelles, ihnen den größten Teil seines Landes abzutreten. 604 ließ C. den Majordomus Theoderichs, Bertoald, bei Arlon überfallen, nahm den größten Teil der zwischen der Loire und der Seine gelegenen Gaue und Städte ein, wurde aber von Theoderich bei Estampes geschlagen und zum Frieden von Compiègne gezwungen. Nach Theoderichs Tode drang C. in Austrasien ein, das Brunhilde für ihre Enkel verwaltete. Diese rief die Völker jenseit des Rheins gegen C. auf; doch wurden diese von dem Majordomus Warnar, der einen Mordanschlag der argwöhnischen Königin gegen ihn entdeckt hatte, für C. gewonnen, und von Theoderichs Söhnen entkam nur Childebert; Brunhilde ward grausam hingerichtet. So ward C., ein leutseliger und frommer, schwacher und von seiner Umgebung, besonders den Frauen, zu jedem Greuel verführbarer Fürst, 613 Herr des ganzen Frankenreiches. 622 erhob er seinen Sohn Dagobert zum König von Austrasien. Er starb 628.

3) C. III., geb. um 655, gest. 670, Chlodwigs II. ältester Sohn, ward 656 König der Franken unter Vormundschaft seiner Mutter Balthilde; sein Majordomus war Ebroin.

4) C. IV., Dagoberts II. oder Theoderichs III. Sohn, wurde 717 von Karl Martell gegen Chilperich II. als König aufgestellt; starb 719.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 83.
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