Delft

[609] Delft, Stadt in der niederländ. Provinz Südholland, Bezirk Haag, südöstlich vom Haag, am Schie und an der Eisenbahn Rotterdam-Amsterdam, ist von vielen Kanälen durchschnitten und durch einen derselben mit Haag verbunden, ziemlich regelmäßig und freundlich gebaut, aber wenig belebt. Unter den öffentlichen Gebäuden zeichnen sich aus: der Prinzenhof, worin 10. Juli 1584 Wilhelm I. von Oranien durch Balthasar Gerardsz erschossen wurde (jetzt teilweise Museum für Wilhelm I.); das große, 1618 erbaute Rathaus mit gotischem Belfried und wertvollen Gemälden; das Zeughaus (für die im Haag gegossenen Geschütze); die gotische Alte Kirche (an Stelle eines ältern Baues im 15. Jahrh. errichtet) mit etwas geneigtem Turm und den Denkmälern der Admirale Tromp und Piet Hein, des Eroberers der spanischen Silberflotte 1628, und des Naturforschers Leeuwenhoek; die Neue Kirche (1412–76 erbaut) mit einem berühmten Glockenspiel, einem 95 m hohen Turm und der Gruft des Hauses Oranien-Nassau sowie dem Grabmal des in D. gebornen Hugo Grotius, dessen Bronzestatue (von Strackée) seit 1886 vor der Kirche steht, und dem prachtvollen Marmormausoleum des Prinzen Wilhelm (von H. de Keyzer, 1616). Die Zahl der Einwohner betrug 1900: 31,582. Im 17. und 18. Jahrh. hatte die Stadt berühmte Fabriken für Fayence und Steingut, deren Erzeugnisse (s. Delfter Fayencen) weit und breit bekannt waren; gegenwärtig ist nur noch eine dieser Fabriken im Betrieb. Außerdem befinden sich hier eine Artilleriewerkstätte, zwei Gewehrfabriken, ferner Fabriken für Decken, Tapeten, Zigarren, Seife, Öl, Glas, Essig, Bier, Leder, Genever und mathematische Instrumente. Der Handel ist nicht unbedeutend. An öffentlichen Anstalten hat D. eine polytechnische Schule (1899 bis 1900 mit 714 Studierenden), ein Gymnasium und eine höhere Bürgerschule, eine Irrenanstalt und ein städtisches Krankenhaus und ist Sitz eines Kantonsgerichts und einer Handelskammer. Hier wurde im 11. Jahrh. (um 1070) von dem lothringischen Herzog Gottfried dem Buckligen ein Schloß erbaut; später war D. die Residenz Wilhelms I. von Oranien und Grabstätte der Oranier. 1654 wurden durch die Explosion eines Pulverturms 1200 Menschen getötet.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 609.
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