Insolation

[870] Insolation (lat.), die Bestrahlung eines Körpers (besonders der Erde) durch die Sonne. Zur Messung der durch I. bewirkten Erwärmung benutzt man verschiedene Apparate, Aktinometer (s. d.): eine mit Wasser gefüllte und mit Thermometer versehene Hohlscheibe (Pyrheliometer von Pouillet), ein geschwärztes Thermometer (Pouillet, Soret, Violle, Crova), eine Thermosäule (Desains, Crova, Frölich), die Crova zu einem selbstregistrierenden Apparat eingerichtet hat, und endlich das Bolometer (s. d.), bei dem die Vergrößerung des elektrischen Leitungswiderstandes eines bestrahlten Leiters gemessen wird. Mit diesen Apparaten bestimmt man die Anzahl von Wärmeeinheiten oder Kalorien, die 1 qcm an der obern Grenze unsrer Atmosphäre in 1 Minute durch die senkrecht auf sie fallenden Sonnenstrahlen empfängt (Solarkonstante oder Sonnenkonstante), und ermittelt, den wievielsten Teil dieser Wärmeeinheiten die Atmosphäre absorbiert und der wievielste Teil die Erdoberfläche erwärmt. Die bei den Beobachtungen noch zu bestimmende Zeit der I. erfolgt meistens durch den Sonnenscheinautographen (s. d.). Die Solarkonstante ist eine der wichtigsten astronomischen und meteorologischen Konstanten, indem sie uns über die Natur der Sonne wie über die Wärmewirkungen auf der Erdoberfläche und in der Atmosphäre Auskunft gibt, indes können die Beobachtungen zur Bestimmung ihres Wertes noch nicht als abgeschlossen bezeichnet werden. Die kalorische Intensität der Sonnenstrahlung besitzt eine tägliche und jährliche Periode. In der täglichen Periode schwankt die I. fortwährend, selbst an klaren Tagen, und wächst im Sommer von Sonnenaufgang bis zwischen 101/2 und 111/2 Uhr, sinkt darauf unter vielfachen Schwankungen bis zur Zeit der größten Tageswärme, steigt dann bis etwa 4 Uhr, ohne das Maximum des Vormittags zu erreichen, und nimmt endlich zuerst langsam, dann aber rascher bis zum Sonnenuntergang ab. Die fortwährenden, unregelmäßigen Oszillationen, die vormittags geringer sind als am Nachmittag, stehen dabei in einem auffallenden Gegensatz zu der scheinbaren Gleichmäßigkeit des Sonnenlichts; die Ursache sind jedenfalls Kondensationsvorgänge (leichte Nebel) in größern Höhen, die von unten unsichtbar sind und z. T. durch die tagsüber aufsteigenden Luftströme veranlaßt werden. Die I. nimmt ab mit der Zunahme der absoluten Feuchtigkeit. An Herbsttagen nimmt die Amplitüde der I. ab, und die beiden Maxima nähern sich der Mittagszeit; im Winter nimmt die Amplitüde noch weiter ab, und die Maxima zeigen das Bestreben, sich um Mittag zu einem Maximum zu vereinigen. Im jährlichen Gange machen sich zwei Maxima und zwei Minima geltend. Das Hauptmaximum tritt immer im Frühjahr, das Hauptminimum um Winters Anfang ein, während sich ein sekundäres Minimum im Sommer und ein sekundäres Maximum im Herbst bemerkbar macht. Die Zahl[870] der Kalorien, die 1 qcm der Erdoberfläche am Äquator im Lauf eines Jahres wirklich erhält, beläuft sich durchschnittlich auf 481,750 und würde genügen, um eine Wasserschicht von 8,2 m Tiefe zu verdampfen oder eine Eisschicht von 65,7 m Dicke zu schmelzen; die der ganzen Erde in einem Jahre zugeführte Wärmemenge könnte eine Eisschicht von 53,8 m schmelzen. Die Solarkonstante oder die Anzahl von Kalorien, die eine Fläche von 1 qcm in einer Minute bei senkrecht auf sie fallenden Sonnenstrahlen an der obern Grenze unsrer Atmosphäre erhält, liegt zwischen 2 und 3. Von der gesamten I., welche die äußere Begrenzung der Atmosphäre erhält, gelangt nur ein kleiner Teil auf die Erdoberfläche, während der größere Rest von der Atmosphäre verschluckt wird; dabei kommt einerseits die Sonnenhöhe und der Zustand der Atmosphäre in Frage, anderseits erfahren die einzelnen Strahlengattungen der Sonnenstrahlung je nach der Wellenlänge eine verschiedene (selektive) Absorption. Vgl. Langley, Researches on solar heat and its absorption by the earth's atmosphere (Washingt. 1884) und Annals of the Astrophysical Observatory, Bd. 1 (das. 1900); Chwolson, Über den gegenwärtigen Zustand der Aktinometrie (Petersb. 1892); Ångström, Intensité de la radiation solaire (Upsala 1900). – Die I. übt eine bedeutende geologische Wirkung aus. Durch starke einseitige Erwärmung der Gesteine bilden sich in ihnen Sprünge und kann ihr allmähliches Zerfallen (Verwitterung) veranlaßt werden. Die I. spielt besonders in den regenlosen Wüsten eine große Rolle (vgl. Wüste). – In der Medizin ist I. gleichbedeutend mit Sonnenbad (apricatio. s. Bad, S. 240) und Sonnenstich (s. d.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 870-871.
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