Magenerweiterung

[65] Magenerweiterung (Gastréktasis), eine abnorme Ausdehnung des Magens, ist meistens eine Folgeerscheinung andrer pathologischer Verhältnisse des Magens. Die häufigste Ursache der M. ist Verengerung des Magenpförtners, wodurch die Entleerung des Mageninhalts in den Darm erschwert wird. Solche Verengerungen werden besonders durch Geschwülste in der Pförtnergegend, also vor allem durch hier sitzenden Krebs hervorgebracht, ferner durch schrumpfende Narben von Magengeschwüren, die in dieser Gegend ihren Sitz gehabt haben. Der normalerweise dehnbare und weite Pförtner kann hierbei in ein starres, kaum für einen Bleistift durchgängiges Rohr verwandelt werden. Auch von Ätzungen (durch Säurevergiftung) und von Verletzungen herrührende Narben können dies erzielen. Seltener drücken außerhalb des Magens si sitzende Geschwülste (der Leber, der Bauchspeicheldrüse) auf den Pförtner. Zunächst wird das Hindernis durch vermehrte Anstrengung der bald hypertrophisch werdenden Magenmuskulatur überwunden, allmählich bleibt aber doch ein Teil des Mageninhalts länger liegen und dehnt den Magen aus, dazu kommt die Gärung dieser stagnierenden Reste, Gasentwickelung und hierdurch bedingte Aufblähung, die Magenwand verfällt durch die zerfetzten Reste einem chronischen Katarrh, wodurch sie weiter an Widerstandsfähigkeit einbüßt. Zuletzt ist der Magen ein schlaffer Sack, der um das Drei- bis Vierfache den Rauminhalt eines gefunden Magens übertreffen kann. M. ist auch eine Folge der Gastroptose, d. h. Magensenkung, wobei durch Erschlaffung der Aufhängebänder des Magens dieser in eine zu tiefe Lage herabsinkt, so daß der Pförtnerteil abnorm steil ansteigt, auch durch Zerrung oder Knickung schwer wegsam werden kann. Aber auch ohne mechanische Hindernisse kann M. eintreten durch Insuffizienz oder Atonie der Magenmuskulatur infolge allgemeiner Schwäche durch Blutarmut, in der Rekonvaleszenz nach schweren Krankheiten. Diese Fälle stellen gewöhnlich leichtere Grade von M. dar als die durch mechanische Hindernisse bedingten. Primäre M. kann auch durch häufige Überlastung des Magens zustande kommen bei Schlemmern und Säufern, aber auch bei armen Leuten, die sich hauptsächlich von Kartoffeln nähren müssen. Zur Erkennung der M. dient vor allem die oft sichtbare, weit den Nabel nach unten überschreitende Austreibung des Leibes bei starker Magenfüllung, die künstliche Aufblähung des Magens mit Luft (durch die Magensonde), die Ausheberung des Mageninhalts mittels der Sonde, wobei sich nach bestimmter MahlzeitProbemahlzeit«) noch reichlicher Inhalt vorfindet, während der gesunde Magen erfahrungsgemäß bereits leer wäre. – Die Behandlung muß die Stauung der Speisen und ihren Übergang in Gärung im Magen verhüten. Zu dem Zwecke spült man in schweren Fällen täglich, in leichtern jeden zweiten Tag den Magen mit einer 2proz. Lösung von doppeltkohlensaurem Natron zwei Stunden nach dem Frühstück mittels des Heberschlauches (s. Magenpumpe) so lange aus, bis das eingegossene Wasser klar wieder abfließt. Bei starker Gärung des Mageninhalts verwendet man zweckmäßig antiseptische Lösungen (z. B. von Salizylsäure) zu den Spülungen. Auch die Massage des Magens ist empfohlen, ebenso die Faradisation der Magenwand. Um die Ursache der M., d. h. die Verengerung am Pförtner, welche die Nahrung nicht genügend in den Darm übertreten läßt, radikal zu beseitigen, hat man die Magenresektion, also die Ausschneidung eines Stückes aus der Magenwand, oder die Resektion des Pförtners, oder auch die Verbindung des Magens mit einer Dünndarmschlinge (Gastroenterotomie, diese in sonst nicht operierbaren Fällen) empfohlen; s. auch Magenkrebs. Bei gutartigen Verengerungen ist die Pyloroplastik von Heinecke und Mikulicz angezeigt, indem man den verengerten Pförtner vom Magen bis in den Dünndarm hinein spaltet und dann die Längswände wieder zusammennäht, aber in querer Richtung, wodurch der Pförtner erweitert werden muß. – Akut entsteht M. sehr selten und wohl nur bei plötzlicher Abklemmung oder Abknickung des Pförtners oder des Dünndarms.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 65.
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