Olivier [2]

[43] Olivier (spr. -wjĕ), 1) Ludwig Heinrich Ferdinand, philanthropischer Pädagog, geb. 19. Sept. 1759 zu La Sarra im Kanton Waadt, gest. 31. März 1815 in Wien, studierte in Lausanne, wurde 1781 Lehrer am Philanthropin in Dessau und errichtete dort 1793 eine blühende Erziehungsanstalt, die er aber 1801 wieder aufgab, um in Leipzig, Berlin etc. ganz für die Ausbreitung seiner Lesemethode zu leben. Mit Ernst Tillich errichtete er 1806 in Leipzig nochmals ein Erziehungsinstitut, das er aber bald jenem ganz überließ. Seit 1811 lebte er wieder meist in der Schweiz. Seine ihrer Zeit vielgerühmte Leselehrmethode ist eine eigentümlich ausgestaltete Lautiermethode. O. war einer der ersten Lehrer des spätern Kaisers Wilhelm I. Unter seinen Schriften sind hervorzuheben: »Orthoepographisches Elementarwerk etc.« (Dess. 1804–06, 2 Bde.); »Die Kunst, Lesen und Rechtschreiben zu lehren, auf ihr Grundprinzip zurückgeführt« (das. 1801); »Über den Wert guter, natürlicher Unterrichtsmethoden« (das. 1802). – Seine Söhne: Heinrich (1783 bis 1848), Ferdinand (1785–1841) und Woldemar Friedrich (1791–1859) machten sich als Maler und Zeichner bekannt, letzterer, ein Schüler von Overbeck und Cornelius, besonders durch seine »Volksbilderbibel in 50 Darstellungen aus dem Neuen Testament« (gestochen von Thäter, Merz u.a., mit Text von G. H. v. Schubert, Gotha 1838, 1882).

2) Juste, der populärste Dichter und Schriftsteller der franz. Schweiz, geb. 18. Okt. 1807 zu Eysins im Kanton Waadt, gest. 7. Jan. 1876 in Genf, wirkte erst als Lehrer in Neuenburg und Lausanne und privatisierte seit 1845, durch bürgerliche Unruhen vertrieben, in Paris, mit Sainte-Beuve eng befreundet. Nach langer Abwesenheit kehrte er 1871 in das Land seiner Jugend zurück. O. hat sich durch die Dichtung »Chansons lointaines« (Par. 1847), ganz besonders aber durch seine Novellen, die ihn Rudolf Töpffer ebenbürtig erscheinen lassen, bekannt gemacht. Wir nennen davon: »M. Argent et ses compagnons d'aventure« (1850); »Deux nouvelles« (1854); »Luze Léonard« (1856); »Le pré aux noisettes« (1863); »Sentiers de montagnes« (1875) etc. Eine Auswahl seiner Werke, die zum Teil auch ins Deutsche übersetzt wurden, erschien in 2 Bänden (Lausanne 1879, mit Oliviers Biographie von Rambert). Vgl. Berthoud, Juste O. (Neuchâtel 1880); Sainte-Beuve, Correspondence inédite avec M. et Mme Juste O. (Par. 1904). – Sein Bruder Urbain, geb. 1810, gest. 1888. hat sich ebenfalls mit Erzählungen (auch ins Deutsche übersetzt) als Schriftsteller betätigt. Vgl. Duplan-Olivier, Urbain O. et son œuvre comme moraliste (Lausanne 1889).

3) Emile, s. Ollivier.

4) Guillaume Antoine, Zoolog, s. Cl.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 43.
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