Psalmen

[416] Psalmen (griech., »Lieder, Gesänge«; auch Psalter), Titel der Sammlung von 150 religiösen Liedern im alttestamentlichen Kanon, die zunächst im nachexilischen Tempel gesungen wurden Ihrem Inhalt nach lassen sie sich einteilen in: Lob- und Dankpsalmen, in denen Gott gepriesen wird; Nationalpsalmen, die sich auf die Offenbarungen Gottes in Israels früherer Geschichte beziehen; Zions- und Tempelpsalmen; messianische oder Königspsalmen (Pf. 2, 20, 24, 45, 72, 110); Klagepsalmen, die reichhaltigste Klasse, zu der über ein Drittel der ganzen Sammlung gehört (auch die sieben sogen. Bußpsalmen, s. d.); Lehrpsalmen, in denen die religiöse und sittliche Weltanschauung Israels zum Ausdruck gelangt. Die Sammlung ist allmählich entstanden und erst nach der Makkabäerzeit, der noch zahlreiche P. entstammen, zum Abschluß gebracht worden. Von den Juden wurde das Psalmbuch in fünf Bücher abgeteilt (1–41, 42–72, 73–89, 90–106, 107–150). Mit Sicherheit kann die neuere Kritik die Verfasserschaft fast keines einzigen Psalms feststellen. Die Aufschriften, die dies versuchen, Und sämtlich spätern Ursprungs und unzuverlässig. Sie geben außer den angeblichen Verfassern noch bald die Veranlassung der Abfassung, bald musikalische und liturgische Bestimmungen, bald mehreres davon zugleich an. So gibt es z. B. auch in unsern lutherischen Bibeln sogen. »Lieder in höherm Chor«, die im Hebräischen »Stufenlieder«, d. h. Wallfahrtspsalmen, heißen. Die P. sind zum Teil der Ausdruck des lebendigsten Gottvertrauens, gegründet auf tiefpoetische Welt- und Lebensbetrachtung, hohe Muster religiöser Lyrik von unvergänglicher Schönheit. Die poetische Form der P. ist in jüngster Zeit im Zusammenhang mit der hebräischen Metrik überhaupt untersucht worden. Kommentare zu den P. schrieben: Baethgen (3. Aufl., Götting. 1904) und Duhm (Freiburg 1899); Übersetzungen: Kautzsch (das. 1893), Duhm (das. 1899) und Gunkel (Götting. 1904); vgl. auch E. Sievers, Metrische Studien. 1. Teil: Studien zur hebräischen Metrik (Leipz. 1901). In der christlichen Kirche sind die P. vielfach zu musikalischen Kirchengesängen benutzt worden, und namentlich die reformierte Kirche hat sie zu Kirchenliedern umgearbeitet. In frühern Zeiten gab es wohl keinen Kirchenkomponisten und Kontrapunktisten, der sich nicht in der Komposition von P. versucht hätte, und zwar meist in Motetten- oder Kantatenform, die alsdann aber, als Musikstücke, immer auch den Namen Psalm führten. In neuern Zeiten findet man auch manches Vokalmusikstück unter dem Namen Psalm, das keinen eigentlichen Psalm aus der Bibel zum Text hat. sondern nur eine in Psalmenweise gedichtete Ode (vgl. Kretzschmars »Führer durch den Konzertsaal«, 2. Abt., 1. Teil: Kirchliche Werke, 3. Aufl., Leipz. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 416.
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