Ratzeburg [1]

[621] Ratzeburg, ein zum Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz gehöriges Fürstentum, liegt davon getrennt zwischen Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Schwerin und dem lübeckischen Gebiet, 382 qkm (6,94 QM.) groß, wird von der Trave und dem Ratzeburger See bewässert, zählt (1905) 14,799 Einw. und hat Schönberg i. M. (s. d.) zum Hauptort. – Das Fürstentum R. ist aus dem 1154 durch Heinrich den Löwen errichteten Bistum R. hervorgegangen. Der Bistumssprengel umfaßte vom heutigen Mecklenburg-Schwerin den Klützer Ort, den westlichen Teil der Herrschaft Wismar, die Ämter Grevesmühlen, Rehna, Gadebusch, Wittenburg, Hagenow, Toddin, Boizenburg, Lübtheen, Eldena und einen Teil des Amtes Grabow, ferner den nördlich der Elbe gelegenen Teil der Provinz Hannover, die Vierlande, das Herzogtum Lauenburg und das jetzige Fürstentum R. Anfänglich dem Herzog von Sachsen, zeitweise auch dem Dänenkönig untergeordnet, wurde der Bischof 1236 durch Friedrichs II. Belehnung Reichsfürst; doch wurde das Bistum erst 1522 zur Türkensteuer herangezogen. Nachdem 1554 der letzte Bischof, Christoph von der Schulenburg, das Bistum dem minderjährigen Herzog Christoph von Mecklenburg abgetreten hatte, den 1555 sein älterer Bruder, Johann Albrecht, gegen Überlassung des Erzstifts Riga zum Verzicht bewog, wurde die Reformation durchgeführt. Die Säkularisation des nunmehr evangelischen Bistums R., bestimmt im Westfälischen Frieden, kam 1653 zustande; jetzt war R. Privateigentum des Herzogs. Durch den Hamburger Vergleich vom 8. März 1701 kam R. an die damals neu entstehende Linie Mecklenburg-Strelitz (seit 1815 Großherzogtum); nur infolge der Erwerbung von R. erhielt der Herzog Sitz und Stimme auf den Kreistagen. Staatsrechtlich ist R. auch heute noch ein selbständiges, durch Personalunion mit Mecklenburg-Strelitz verbundenes Land, da die zwischen den Fürstentümern Mecklenburg, Wenden, Rostock und Stargard 1. Aug. 1523 geschlossene Union (vgl. Mecklenburg, S. 506) zu Recht besteht. Infolge des Druckes der Bundesregierung erhielt R. 1869 eine eigne Volksvertretung, die allerdings infolge des grundsätzlichen Fernbleibens der bäuerlichen und bürgerlichen Abgeordneten erst 1906 in Wirksamkeit trat. Vgl. Masch, Geschichte des Bistums R. (Lübeck 1835); Arndt, Das Zehntenregister des Bistums R. (Schönberg 1833).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 621.
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