Temesvár

[401] Temesvár (spr. témeschwār), königliche Freistadt im ungar. Komitat Temes, Knotenpunkt der Bahnlinien nach Budapest, Nagy-Szent-Miklós, Arad, Orsova, Maria Radna, Bad Buziás, Módos und Baziás (neuer Zentralbahnhof in der Vorstadt Josephstadt), liegt am Begakanal in sumpfiger Gegend, besteht aus der von breiten Glacis- und Parkanlagen (Stadtpark u. Scudierpark) umgebenen, 1892 aufgelassenen Festung (innern Stadt) und vier Vorstädten und hat 13 Kirchen, 4 Klöster, 4 Synagogen, hübsche gerade Straßen, große Plätze, viele schöne öffentliche und Privatbauten und mehrere Kasernen.

Wappen von Temesvar.
Wappen von Temesvar.

Nennenswert sind die beiden Kathedralen und das Komitatshaus am Losonczyplatz, wo auch eine Mariensäule steht, die neue roman. Millenniumkirche (von L. Ybl) und das alte Schloß Joh. Hunyadis (jetzt Zeughaus); ferner das Rathaus und die Militärgebäude am Prinz-Eugenplatz, wo sich eine 1852 zur Erinnerung an die Verteidigung Temesvárs errichtete 20 m hohe gotische Spitzsäule (von Max) erhebt, das Dikasterialgebäude, das Theater, mehrere Synagogen, die Staatsoberrealschule, eine Statue Franz Josephs I. etc. Die Einwohner (1901: 53,033) sind Deutsche (27,051), Magyaren (18,624) und Serben (meist Römisch-Katholische) und betreiben lebhaften Handel (namentlich mit Getreide und Holz) und zahlreiche Gewerbe. T. hat eine staatliche Tabakfabrik, 3 Dampfmühlen (darunter die Elisabeth- und Pannoniamühle mit 200,000 und 100,000 metr. Ztr. Jahresproduktion), 4 Spiritusfabriken und -Raffinerien, ein großes Brauhaus, eine große Textilfabrik (1904); ferner Fabriken für Tuch, Papier, Leder, Wolle, Soda, Öl, Panzerkassen, Maschinen etc., eine Dampfsägemühle und Wassermühlen am Begakanal; endlich besitzt T. ein Piaristen- und ein Staatsobergymnasium (Neubau), eine Staats-Oberrealschule, eine staatliche Lehrerpräparandie, eine Holz- und Metall-Fachschule, eine (neue) Kadetten- und eine höhere Mädchenschule, eine Handelsschule, mehrere Spitäler, 2 Waisenhäuser, eine Kinderklinik (1904), eine Handels- u. Gewerbekammer, eine Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank (Neubau), ein südungarisches Museum, elektrische Straßenbahn, elektrische Beleuchtung und Telephonverbindung. T. ist Sitz des Komitats, des Csanáder römisch-katholischen und eines griechisch-orientalischen (serbisch-rumänischen) Bischofs, eines Generalkommandos, einer königlichen Gerichtstafel, eines Gerichtshofes, einer Finanzdirektion, einer Post- und Telegraphendirektion etc. – T. war unter dem ungarischen König Karl Robert eine so blühende Stadt, daß er 1316 sein Hoflager hierher verlegte. 1443 befestigte Johannes Hunyadi das Schloß; 1552 ward T. von den Türken erobert, 1716 durch den Prinzen Eugen vom türkischen Joch befreit (vgl. »Feldzüge des Prinzen Eugen«, Bd. 16 u. 17, Wien 1891). Damals wurde die jetzige Festung angelegt, die alte Stadt größtenteils niedergerissen,[401] durch zumeist deutsche Ansiedler besiedelt, nach einem neuen Plan wieder aufgebaut und zum Hauptort des Temeser Banats erhoben (s. Banat). 1779 wurde das Banat aufgehoben und die Stadt T. zum Hauptort des gleichnamigen, neuerrichteten Komitats erklärt, 1781 zur königlichen Freistadt erhoben, 1849 vom ungarischen General Grafen Vecsey seit 25. April belagert, aber durch den Sieg Haynaus über Bem und Dembinski (9. Aug.) entsetzt. Vgl. Preyer, Monographie der Freistadt T. (Temesvar 1853); die (magyar.) Monographie von Ortvay (s. d.); Schwicker, Geschichte der österreichischen Militärgrenze (Teschen 1883), und Literatur zum vorhergehenden Artikel.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 401-402.
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