Testamentsvollstrecker

[438] Testamentsvollstrecker (Testamentsvollzieher, Treuhänder), eine vom Erblasser durch letztwillige Verfügung ernannte Person (Mann, Frau, auch juristische Person), welche die Aufgabe hat, den letzten Willen des Erblassers kraft eignen Rechts, im eignen Namen, unabhängig von der Mitwirkung des Erben und nötigenfalls gegen deren Willen durchzuführen. Seine Ernennung erfolgt durch den Erblasser in seinem Testament oder auf dessen testamentarische Anordnung durch einen Dritten oder das Nachlaßgericht. Der Erblasser kann gleichzeitig mehrere T. ernennen oder den T. ermächtigen, einen Mitvollstrecker oder einen Nachfolger zu ernennen. Mehrere T. führen das Amt gemeinschaftlich. Die Annahme oder Ablehnung steht dem Ernannten frei und erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgericht. Auf seinen Antrag ist dem T. ein Zeugnis vom Nachlaßgericht über seine Ernennung auszustellen. Die Aufgaben und Befugnisse des Testamentsvollstreckers richten sich in erster Linie nach den Anordnungen, die hierüber der Erblasser vor seinem T. getroffen hat. Fehlen solche, so obliegt ihm gesetzlich die Durchführung der letztwilligen Verfügungen des Erblassers und die Auseinandersetzung unter den Miterben, außerdem hat er den Nachlaß zu verwalten. Sofort nach Annahme seines Amtes hat er ein Nachlaßverzeichnis (s. d.) dem Erben zu übergeben und ihm bei Aufnahme des Inventars (sogen. Inventarerrichtung, s. Erbrecht, S. 895) behilflich zu sein. Zur Durchführung der Verwaltung ist er[438] berechtigt, den Nachlaß in Besitz zu nehmen und über die Nachlaßgegenstände zu verfügen. Zu unentgeltlichen Verfügungen (Veräußerung oder Belastung) ist er nur berechtigt, soweit sie einer sittlichen Pflicht oder einer Rücksicht auf den Anstand entsprechen. In diesem Umfang kann er auch Verpflichtungen zu solchen Verfügungen eingehen. Soweit notwendig, kann er Nachlaßverbindlichkeiten berichtigen und Nachlaßforderungen einziehen, er kann die Eröffnung des Nachlaßkonkurses (s. d.) beantragen, nicht aber dagegen die Anordnung einer Nachlaßverwaltung (s. d.). Dagegen ist wiederum nur der T. befugt, die seiner Verwaltung unterliegenden Rechte gerichtlich geltend zu machen. Anordnung des Erblassers, die den Nachlaß erheblich gefährden, braucht er nicht auszuführen, jedoch muß er ihre Aufhebung durch das Nachlaßgericht veranlassen. Auf Verlangen des Erben hat er Auskunft über seine Verwaltung zu geben, bei längerer Dauer hat er jährlich Rechnung zu legen, jedenfalls aber bei Beendigung seines Amtes. Für schuldhafte Verletzung seiner Verpflichtung haftet er dem Erben, für seine Aufwendungen kann er Ersatz und für die Führung seines Amtes eine angemessene Entschädigung verlangen. Sein Amt erlischt durch Erledigung seiner Aufgabe, durch seinen Tod, durch Eintritt eines Unfähigkeitsgrundes, durch von ihm erfolgte Kündigung und durch Entlassung seitens des Nachlaßgerichts, insbes. wegen grober Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. Vgl. Bürgerliches Gesetzbuch, § 2197–2228. In Österreich heißt der T. Testamentsvollzieher. Er hat darüber zu wachen, daß die letztwilligen Verfügungen des Erblassers vollzogen werden, sei es, daß er sie selbst vollzieht, sei es, daß er die Erben zu deren Vollzug anhält. Die Verwaltung des Nachlasses steht ihm nur dann zu, wenn sie ihm entweder testamentarisch oder von den Erben überwiesen wurde. Für seine Tätigkeit hat er eine Vergütung zu beanspruchen. Vgl. Sturm, Die Lehre von den Testamentsvollstreckern nach dem Bürgerl. Gesetzbuch (Leipz. 1898); Arnold, Der T. (Münch. 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 438-439.
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