Tilgungsfonds

[553] Tilgungsfonds (Amortisationsfonds, Tilgestamm, engl. Sinking fund), ein Kapitalfonds, der früher in mehreren Staaten zu dem Zweck gebildet worden war, die allmähliche Tilgung der Staatsschulden zu erleichtern. Anfänglich durch eine Ausstattung der Staatskasse gegründet und auch durch Überweisung gewisser Überschüsse vermehrt, sollten diesem Stock alljährlich die ersparten Zinsen abgetragener Schuldposten so lange zufließen, bis er, um Zins und Zinseszins anwachsend, die ganze Schuld in sich aufnehmen und so die völlige Abtragung bewirken müßte. Ein solcher T. (Sinking fund) wurde 1716 in England durch Rob. Walpole eingerichtet. Die vom T. angekauften Schuldtitel wurden nicht vernichtet, sondern verwahrt, die Zinsen weiter erhoben und zum Ankauf neuer Obligationen verwendet. Doch wurde nach mehreren Wandlungen 1828 der Grundsatz angenommen, daß künftig nur so viel in jedem Jahre getilgt werden solle, als von den Einkünften nach Bestreitung des Staatsaufwandes wirklich übrigbleibe. Diesen Grundsatz der freiern Tilgungsweise hat man heute fast in allen Staaten aufgestellt, in denen überhaupt Schulden abgetragen werden. Insbesondere wurde man hierzu durch die Tatsache gezwungen, daß häufig neue Anleihen unter ungünstigern Bedingungen aufgenommen werden mußten, als unter denen man tilgte. Auch begünstigt die jetzt übliche Bevorzugung der Rentenschuld (s. Staatsschulden) dieses Verfahren. Vgl. K. Zorn, Über die Tilgung von Staatsschulden (Tübing. 1905); Köppe, Freie oder Zwangstilgung der Staatsschulden (Rostock 1901); Schwarz, Staatsschuldentilgung in den größern europäischen und deutschen Staaten (Berl. 1896).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 553.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika