Adresse

[145] Adresse (v. lat.), 1) Aufschrift eines Briefs; 2) Schrift, die an irgend Jemand gerichtet ist; bes. 3) Schrift, welche an die höchste Person eines Staats (den Regenten) od. auch an eine andere Person von einer Corporation od. einem für diesen Zweck zusammengetretenen Verein oder einer Volksversammlung zu dem Zwecke gerichtet wird, um Wünsche od. Beschwerden, Gefühle des Dankes (Dank-A.), der Hochachtung od. auch des Mißtrauens etc. vorzutragen. Die A-n haben ihren Ursprung in England, u. noch jetzt werden dem Parlament od. dem Könige A-n mit mehreren Hunderttausenden von Unterschriften oft in einem feierlichen Zuge, wo die A. selbst im Prunk vorhergetragen wird, überreicht. Von dort hat sich der Gebrauch derselben auf die übrigen constitutionellen Staaten verbreitet. Das Recht zur Erlassung derselben wird in der Regel als ein wichtiger Bestandtheil des constitutionellen Staatsbürgerrechtes angesehen u. daher in den Verfassungsurkunden (so z.B. in den preußischen u. baierschen) gewöhnlich ausdrücklich gewährleistet. Besonders gebräuchlich u. wichtig waren bis 1848 die A. als Antworten auf die Thronrede, mit denen die Kammern von dem Regenten eröffnet wurden, indem in der Regel darin die politischen Grundsätze der Majorität ihren Ausdruck fanden. Doch ist der Gebrauch dieser Antworts-A. neuerdings sehr zurückgegangen. Der Mißbrauch, welcher mit A. getrieben werden kann, rief übrigens für Deutschland in dem Bundesbeschluß vom 5. Juli 1832 ein Verbot solcher A. hervor, welche in Volksversammlungen beschlossen würden. Dasselbe ist aber mit Aufhebung der Ausnahmsgesetze im Jahr 1848 wieder weggefallen. Particularrechtlich ist öfters verboten, daß die A. persönlich überreicht werden (z.B. in Preußen), daß A. unter einem Gesammtnamen nur Behörden u. Corporationen gestattet sind (ebenda), so wie daß A. der Kammern an den Landesfürsten nur gemeinschaftlich erfolgen dürfen (in Baden) u. hiervon nur etwa bei der Antworts-A. auf die Thronrede eine Ausnahme verstattet wird (so in Hannover).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 145.
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