Brissot

[316] Brissot (spr. Brisso), 1) Pierre, geb. 1478 in Fontenay le Comte; bekämpfte zuerst die auf die sogenannte Revulsion gegründete Methode der Araber in Entzündungskrankheiten, bes. der Lungen, das Blut nur den vom afficirten Organe entferntesten Adern langsam abtröpfeln zu lassen u. nahm dafür den derivatorischen Aderlaß in der Nähe des entzündeten Theiles an, worüber es zu einem heftigen Streite mit Dionysius, Leibarzt des Königs v. Portugal, kam. B. ließ sich in Evora nieder u. st. 1522; er schr.: Apologetica disceptatio de vena secan da in pleuritide, Par. 1525, von Luceus herausgegeben. 2) Jean Pierre, B. d' Quarville (Warville), geb. 1754 in Quarville bei Chartres; studirte die Rechte, wendete sich aber bald nach Vollendung seiner Studien der literarischen Beschäftigung zu; er wurde wegen einer Schrift gegen die Königin 1784 in die Bastille gesetzt, ging nach seiner Befreiung nach London, machte dort den Spion der französischen Polizei, reiste 1788 nach Amerika, um für Abschaffung der Negersklaverei zu wirken, u. trug später durch eine Menge politischer Schriften (so durch das Journal Le patriote français) dazu bei, zum Theil die Französische Revolution vorzubereiten. In dieser wurde er Mitglied der Nationalversammlung u. Hauptanstifter des Aufstandes auf dem Marsfelde, bewirkte die Kriegserklärung gegen Österreich, England u. Holland u. stimmte als Oberhaupt der Gironde für Ludwigs XVI. Hinrichtung, mit Aufschub der Vollziehung, wurde aber mit seiner Partei 1793 von Robespierre unter dem Vorwande, daß er eine föderative Verfassung mit 2 Parlamenten herstellen wolle, gestürzt, auf der Flucht nach der Schweiz verhaftet u. den 31. Oct. 1793 guillotinirt. Memoiren von seinem Sohne herausgeg., Par. 1830, 4 Bde. Da er nach der Sitte der Quäker das Haar ungepudert trug, so gab er den Anstoß zur Verbannung des Puders. Nach ihm nannte man jeden Anhänger der Reform mit dem Schimpfnamen Brissotin (spr. Brissotäng) u. seine u. der Gironde Grundsätze Brissotinismus, u. brauchte Brissotage (spr. Brissotahsch) für blauen Dunst, Beutelschneiderei; Brissotiren, für Beutelschneiderei treiben.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 316.
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