Geiler von Kaisersberg

[75] Geiler von Kaisersberg (Gailer, Geyler), geb. 16. März 1445 in Schafhausen, von wo sein Vater nach Amorswyter im Elsaß zog, hier aber[75] bald starb. Als dreijähriger Knabe kam er zu seinem mütterlichen Großvater nach Kaisersberg, welcher ihn erzog, bis er 1460 auf die Universität nach Freiburg im Breisgau kam, wo er rasche Fortschritte machte, 1462 Baccalaureus, 1463 Magister, 1465 Mitglied der philosophischen Facultät u. 1469 Dekan der letztern wurde. Seit 1463 hielt er verschiedene Vorlesungen; 1470 ging er nach Basel, wo er fünf Jahre Theologie studirte u. 1475 den Doctorgrad erhielt. 1476 folgte er einem Rufe als Professor der Theologie nach Freiburg u. wurde noch in demselben Jahre zum Rector gewählt. Schon damals als vorzüglicher Kanzelredner bekannt, wurde er mit dem für jene Zeiten sehr bedeutenden Gehalt von 200 Goldgulden als Prediger nach Würzburg berufen, nahm aber auf der Reise dahin in Strasburg eine Predigerstelle an. Er predigte hier in der Domkirche, wo wegen des großen Zulaufs 1486 die noch jetzt vorhandene Kanzel erbaut wurde. Wegen der vielen Feindschaften, die er sich durch seine Freimüthigkeit zuzog, ging er 1488 nach Augsburg, wo er predigte u. eine Zeit lang unschlüssig war, ob er dort od. zu Basel eine Stelle annehmen sollte, kehrte aber nach Strasburg zurück u. predigte hier bis an seinen Tod, 10. März 1510. G. pflegte seine Predigten theils lateinisch, theils deutsch vorher kurz niederzuschreiben. Aus diesen Concepten sowie Nachschriften des mündlichen Vortrags wurden nach seinem Tode zahlreiche Predigten durch seine Freunde herausgegeben. Er selbst ließ außer der Oratio habita in synodo Argentinensi (1482) nichts drucken; doch veranlaßte er die erste Sammlung von Gersons Werken (3 Bde., Strasb. 1488). Am bekanntesten sind G-s 146 Predigten über seines Freundes Seb. Brands Narrenschiff, die 1498 gehalten wurden u. zuerst lateinisch (Navicula sive speculum fatuorum, Strasb. 1510, 1511, 1513), dann in deutscher Übersetzung von Pauli (D. Keiserspergers Narrenschiff, Strasb. 1520; eine andere Übersetzung Basel 1513) erschien. G-s Evangelibuch (Strasb. 1515) gilt für das erste Buch, welches ein kaiserliches Privilegium (auf drei Jahre) erhielt. Andere Predigtsammlungen von G. sind: Predigen Teutsch, Augsb. 1508, 1510; Das Buch Granatapfel, ebd. 1510, Strasb. 1511; Das irrig Schaf, Strasb. 1510; Der Seelen Paradies, ebd. 1510; Das Schiff der Pönitenz, Augsb. 1511; Christliche Pilgerschaft zum ewigen Vaterland, Basel 1512; Die Emeis, Strasb. 1516; Brösamlin ufgelesen, Strasb. 1517; Das Buch von den Sünden des Mundes, ebd. 1518; Postill, ebd. 1522, u.a. Vollständigere Schriftenverzeichnisse geben: Rieger in den Amoenitates litterariae Friburgenses (Heft 1, Ulm 1775), Oberlin (Vierling) in De Johannis Geileri Caesaromontani vulgo dicti von Keysersberg scriptis germanicis, Strasb. 1786 u. Deutscher Merkur 1783. Vgl. von Ammon, G-s von Keisersberg Leben, Lehren u. Predigten, Erl. 1826; Weick, Joh. G. von Kaisersberg, sein Leben u. seine Schriften in einer Auswahl, Frkf. 1826, 3 Bde.; Kehrein, Geschichte der katholischen Kanzelberedtsamkeit der Deutschen, Regensburg 1843, 2 Bde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 75-76.
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