Knochenbrand

[610] Knochenbrand (Osteonecrosis, Osteogangraena, Nekrose), völliges Absterben der entzündeten Knochenpartie in Folge aufgehobener Ernährung. Seinem Sitze nach unterscheidet man einen oberflächlichen (O. superficialis, O. externa) u. einen centralen K. (O. centralis, O. interna); ferner unterscheidet man einen feuchten K. (Osteolysis), wobei der Knochen weich, morsch, von schwärzlich grünen, zottig zerreiblichen, brandig zerfallenen Weichgebilden durchzogen u. mit mißfarbiger stinkender Jauche durchströmt ist; er nähert sich mehr dem Knochenfraß (Caries necrotica) u. betrifft fast nur schwammige Knochen, bei Hospitalbrand, Scorbut, brandigem Incubitus. In der Mehrzahl der Fälle ist der K. ein trockener. Die den K. bedingende Aufhebung der Ernährung kann hervorgerufen werden von außen durch Entblößung, Erschütterung, Quetschung des Knochens, aber auch durch innere Bedingungen im Gefolge von Entzündung, Vereiterung od. Verjauchung der Knochenhaut, der Markhaut u. des Knochens selbst. Der K. befällt häufiger die gefäßarme Rindensubstanz röhrenförmiger od. flacher Knochen, kommt häufiger im höheren Alter vor u. ist gutartiger als der Knochenfraß, indem das abgestorbene Knochenstück abgestoßen u. ersetzt wird. Es entwickelt sich nämlich rings um dasselbe in der lebenden Knochensubstanz Entzündung u. Eiterung, eine sogenannte Demarcationsrinne bildend, wodurch das abgestorbene Knochenstück (Sequester genannt) vom lebenden gelöst wird. In ungünstigen Fällen organisirt sich das Product der Entzündung nicht zu Knochenmasse, sondern zu zellig febroidem Gewebe, od. es entwickeln sich auch Epithelialwucherungen (Epithelialkrebs) daraus hervor. Bei dem oberflächlichen K. blättert sich das abgestorbene Knochenstück ab (nekrotische Exfoliation) u. hinterläßt eine durch Eiterung narbig heilende Wunde. Bei innerem K. aber bildet sich um den Sequester eine knöcherne, an ihrer inneren Fläche mit schwammigen Wucherungen (Granulationen) besetzte Scheide (Todtenlade, Knochenlade, Capsula sequestralis), durch deren kleinere Öffnungen Blutgefäße gehen, deren größere (Cloaken), nach innen zu enger werdend, in die Höhle der Knochenlade führen u. nach außen mit den Fisteln in den Weichtheilen in Verbindung stehen. Nach Entfernung des Sequesters aus seiner Kapsel wachsen die Ämulationen an der inneren Fläche derselben fort, füllen die Todtenlade vollständig aus u. verknöchern, mit der umgebenden alten Knochensubstanz nach u. nach zu einer gleichmäßigen Masse verschmelzend. Befällt freilich der K. einen Knochen in seiner ganzen Dicke, so kann das abgestorbene Stück nie wieder ganz ersetzt werden; der Knochen wird oft beträchtlich kürzer, auch bildet sich nicht selten ein künstliches Gelenk. Die durch Phosphordämpfe bedingte Krankheit der Kinderknochen nennt man Phosphornekrose, s.d. Bei der Heilung des K-es ist das Wichtigste, die Entfernung des Sequesters zu beschleunigen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 610.
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