Requisitionssystem

[54] Requisitionssystem, das System der Kriegsführung, wonach ein Heer nicht von vorher aufgeschütteten Magazinen (s.d.), sondern durch, von[54] dem Lande ausgeschriebenen Lieferungen aller Art unterhalten wird. Diese Art der Unterhaltung der Truppen ist eine Erfindung der Franzosen im Französischen Revolutionskrieg. Die Organisation des französischen R-s war folgende: ein Generalintendant stand dem ganzen Verpflegungswesen in dem occupirten Lande vor u. hatte meist in der Hauptstadt desselben seinen Sitz; in den einzelnen Provinzen des Landes waren Intendanten, welchen eine Anzahl Kriegscommissare u. Unterbeamten beigegeben waren, welche das Land bereisten u. die ausgeschriebenen Lieferungen eintrieben. Gensdarmen u. in schwierigen Gegenden auch noch anderes Militär unterstützten die Zwangsmaßregeln durch Einlegung von Execution. Das R. wurde von den Franzosen mit Erfolg betrieben, so lange als der Krieg in cultivirten, dicht bevölkerten Gegenden, wie in Deutschland, Italien, Polen, Preußen, geführt wurde, als aber der Krieg sich nach Spanien, Portugal u. Rußland zog, wo die Bevölkerung dünner u. leichter erregbar war, änderte sich die Lage der Heere, u. statt des früher gewohnten Überflusses trat Mangel ein. Auch die Gegner Napoleons nahmen das R. nothgedrungen an u. führten in dessen Geist den Krieg 1813–15. Bei der französischen Invasion 1823 in Spanien wurde das R. verworfen u. alle Lebensmittel baar bezahlt. In den Kriegen der neuesten Zeit in der Krim u. Italien ging man ebenfalls von dem R. ab, indem die Truppen aus Magazinen verpflegt wurden, deren Anlegung u. Ergänzung durch die Verbesserung der Communicationsmittel sehr erleichtert ist.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 54-55.
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