Segen

[767] Segen, 1) die Anwünschung irgend eines leiblichen od. geistigen Gutes, bes. der göttlichen Gnade unter einer bestimmten Form, entweder im Allgemeinen od. bei einem einzelnen Vorhaben. Bei den hebräischen Patriarchen war die Ertheilung des S-s eine feierliche Handlung, wodurch der Segnende in einer gewissen Begeisterung die künftigen Schicksale vorher verkündigte, auch wohl den Sohn, welchem der S. ertheilt wurde, zum Familienhaupte erklärte, weshalb der älteste Sohn der eigentlichen Ehefrau dazu gewählt wurde; jedoch ertheilten auch fromme Männer Anderen den S. Schon frühzeitig wurde bei dem von Moses eingerichteten Gottesdienste der Versammlung der S. vom Priester nach der Segensformel ertheilt, welche 4. Mos. 6, 23 als von Gott angeordnet angeführt wird. Später wurde dem Volke jedesmal nach dem Morgen- u. Abendopfer der S. ertheilt. Dies geschah mit Aufhebung der Hände, welche der Priester vorher waschen u. reinigen mußte, u. zwar erhob der Hohepriester die Hände so hoch als die Schultern, der gemeine Priester etwas höher; ferner mußte der Priester auf einem etwas erhöhten Orte stehen. Den Fingern mußte eine besondere Stellung gegeben werden. Das Volk mußte den S. stehend anhören u. es mußten wenigstens[767] zehn Personen versammelt sein. Wenn der S. Einzelnen ertheilt wurde, so geschah dies unter Auflegung der Hand. Auch wurde dies von Jesu u. den Aposteln beobachtet. Den Leviten war blos in gewissen Fällen verstattet den S. zu sprechen. Bei außerordentlichen Gelegenheiten konnte auch der König über das Volk den S. sprechen, doch er that es mit einer anderen als der priesterlichen Formel. Aus dem jüdischen Gottesdienste ist das Sprechen des S-s auch in den christlichen übergegangen, die 4. Mos. 6, 24–26 angegebene Segensformel wird am Schlusse des Gottesdienstes von dem Geistlichen gegen die Gemeinde, welche sich erhoben hat, am Altare gesungen od. von der Kanzel herab gesprochen, wobei der Geistliche mit der Hand ein Kreuz schlägt. Bei Ertheilung des S-s an einzelne Personen wird vom Geistlichen die Hand auf den od. die zu Segnenden gelegt, so bei der Trauung, Confirmation, Ordination, daher man auch diese Handlungen selbst die Einsegnung nennt, wogegen dasselbe bei Wöchnerinnen, welche ihren ersten Kirchgang halten u. am Altare den S. empfangen, Aussegnung heißt (nicht allenthalben mehr üblich); über Todten wird der S. entweder am Sarge od. am Grabe gesprochen, u. ein Leichenbegängniß, wobei der Geistliche nur den S. nebst der anderen Grabliturgie am Grabe spricht od. singt, heißt daher eine Segensleiche. Das Segnen der Abendmahlselemente heißt Consecration (s.d.). Nach dem Vorbilde des jüdischen Königs ist in der englischen Hofkirche auch dem König als Supreme Governor gestattet das Volk zu segnen u. Kirchen einzuweihen. In der Katholischen Kirche wird der S. (Benediction) von den Priestern in der Messe, sowie bei anderen Feierlichkeiten in Lateinischer Sprache über Personen od. Sachen gesprochen, wobei stets mit der Hand ein Kreuzzeichen gemacht wird. Eine besondere Wichtigkeit legen die Gläubigen dem S. des Papstes bei. Der bischöfliche S. geschieht mit ausgestreckten Händen u. dreifachem Kreuzzeichen. Der gewöhnliche priesterliche S. wird auch oft mit der Monstranz gegeben, vor u. nach der Messe u. gewissen Andachten. Bei allen Weihungen von Personen u. Sachen ist der S. gebräuchlich; so bei der Weihe der Priester, Aussegnungen der Wöchnerinnen, Einweihungen von Kirchen, Weihungen des Wassers, der Kerzen, der Kräuter, Einsegnung der Friedhöfe, der Häuser, Schiffe, des Brodes, der Fahnen, wobei dann gewöhnlich der Gegenstand noch mit Weihwasser besprengt wird. 2) So v.w. Gebet od. Gebetsformel, so Morgen- u. Abendsegen; 3) Formel, welche hergesagt wird u. wobei man zugleich das Zeichen des Kreuzes macht, um dadurch vermeintlich übernatürliche Wirkungen hervorzubringen. So hat man Blutsegen, wodurch das Blut einer Wunde gestillt werden soll, dabei ist die Formel: Sanguis mane in venis, sicut Christus pro te in poenis; sanguis mane fixus, sicut Christus crucifixus; Waffensegen, wodurch man den Waffen ihre Kraft zu beschädigen nehmen will; Feuersegen (s.d.u. Feuerversprechen) etc. Mit solchen Segensprechern war sonst Spanien u. Italien sehr angefüllt, doch beschäftigten sich auch anderwärts sogenannte Kluge Weiber, Zigeuner etc. damit; 4) die Vermehrung des zeitlichen Vermögens, das Gedeihen, der gute Fortgang eines Unternehmens, bes. in so fern es durch Gottes Mitwirkung geschieht.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 767-768.
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