Sitzen

[149] Sitzen, 1) eine der Stellungen, in denen der Körper verharrend sich befindet, bei welcher nämlich das Becken mit seinen um deswillen als Sitzknorren bezeichneten Hervorragungen den Stützpunkt für den oberen Körper abgibt, während die gebogenen Oberschenkel, mit den hinteren, das Oberschenkelbein überziehenden Muskeln, bes. den Glutäen, vornämlich dem großen, hier mit seinem Fettüberzug ein natürliches Polster, als Gefäß, auf der als Sitz gewohlten Fläche aufruhen u. die Unterschenkel mit dem Plattfuß, entweder ebenfalls auf horizontaler Fläche gerade ausgestreckt, od. seitwärts u. einwärts eingebogen über das Kreuz gelegt sind (wie beim S. der Morgenländer auf platter Erde), od. in die Höhe gehoben werden, so daß die Fersen an das Gefäß gezogen sind (wie beim S. wilder Völker), od. abwärts gerichtet sind (wie bei dem S. auf erhöhtem Sitze), so daß entweder die Füße frei herabhänget, od. bei verhältnißmäßiger Höhe des Sitzes der Plattfuß jedes Schenkels den Boden berührt. Diese verschiedenen Arten des S-s sind noch mehrer Modificationen fähig. Da beim S. die Fußmuskeln rein passiv sind, so ist diese Körperstellung eine zum Ausruhen taugliche, u. um so mehr, wenn durch Anlehnen mit dem Rücken u. Kopfe, od. Aufstemmen der Arme, auch den Rücken- u. Halsmuskeln ein Theil der Körperlast abgenommen wird; daher auch zum Schlafe schon ein bequemes S. hinreicht. Beim S. wird durch Emporheben des Beckens u. Herabhängen der Hände die Brust bedeutend beengt. Dies kann nun zwar durch völlig gerades S. sehr verringert werden; aber das S. wird dann auf die Dauer eine zu große Anstrengung für die Rückenmuskeln, u. Sitzende überlassen sich daher gewöhnlich mehr od. weniger der natürlichen Herabsenkung des Oberkörpers durch seine eigene Schwere. Bei langem S. werden oft mancherlei Beschwerden im Unterleibe verspürt. Eine sitzende Lebensart (insbesondere bei Handwerkern Sellularische Lebensart, Banausie) ist daher eine reiche Quelle chronischer Unterleibskrankheiten, um so mehr, je weniger Wechsel im S. Statt hat u. je gekrümmter der Körper dabei ist. Auch verstattet Dickleibigkeit um so weniger ein anhaltendes S., ohne daß Beschwerden empfunden werden, da die Einbiegung des Unterleibes durch die Wölbung der vorderen Unterleibsbedeckungen erschwert ist, ja dadurch das Geradsitzen wohl unmöglich wird. 2) Von Vögeln, den Körper auf die eingeschlagenen Füße niederlassen; dann auch so v.w. Brüten; 3) eine Handlung verrichten, wobei man gewöhnlich sitzt, so: Beichte, zu Rathe sitzen; 4) bei Collegien, deren Mitglieder jährlich od. nach gewissen Zeiten wechseln, der sitzende Rath, so v.w. der gegenwärtig amtirende Theil des Collegiums; 5) seinen dauernden Aufenthalt an einem Orte haben; 6) als Gefangener in einem eingeschlossenen Raume sich befinden; 6) von Kleidungsstücken u. ähnlichen Dingen, so v.w. passen, gut in die Augen fallen; 7) (festsitzen), von Schiffen, auf den Grund gerathen sein. Kommt ein Schiff auf eine Bank od. eine Küste bei hochgehender See u. mit vollen Segeln aufgelaufen, so kann es leicht bersten u. untergehen. Ist aber ein Hafen mit weichem Grunde nicht tief genug bei der Ebbe, so schadet es dem Schiffe nichts, da es bei der Fluth wieder flott wird.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 149.
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