Cactus

Cactus
Cactus

[360] Cactus oder Fackeldistel.

Die zahlreichen Arten dieser Pflanzengattung zeichnen sich meist durch seltsame Formen aus und stammen sämmtlich aus den heißen Ländern von Amerika, wo sie in dürrem, felsigem Boden, auch als Schmarotzerpflanzen auf Baumstämmen wachsen. Mit Ausnahme weniger Arten treiben sie keine Blätter und man unterscheidet hauptsächlich solche, mit aufrechten oder kriechenden, theils breiten, theils viereckigen und runden, mitunter baumstarken und 50 F. hohen Stengeln, ferner melonenförmige, warzentragende und endlich noch andere aus dicken, rundligen Gliedern zusammengesetzte, fast alle aber sind mit mehr und weniger langen und scharfen Stacheln besetzt. Der auffallenden Form und ihrer meist sehr schönen Blüte wegen werden diese durch Stecklinge leicht fortzupflanzenden Gewächse auch bei uns in Treibhäusern und Zimmern häufig gezogen, und namentlich sind von den stengelförmigen der »geflügelte Cactus« mit breiten Stengeln und hochrosafarbigen Blüten, der »peitschenförmige« mit kleinern dunkelrothen und der »schöne oder prächtige« mit drei- und viereckigen Stengeln und herrlichen dunkelrothen, großen Blüten am meisten verbreitet. Die melonenförmigen Cacten, von denen hier einer abgebildet ist, haben den Namen von ihrer Ähnlichkeit mit Melonen, werden wie Kegelkugeln groß, wozu sie aber mehre Jahre brauchen und sind mit starken Furchen versehen, auf deren Kanten die Stacheln büschelweise beisammen stehen. Die Blüten entwickeln sich am obern Theile des Pflanzenkörpers aus wolligten Knospen und tragen längliche rothe Früchtchen mit vielen Samen. Dem vorhergehenden gleicht in Größe und Gestalt der warzentragende Cactus, nur daß er anstatt der Furchen dicht mit brustwarzenähnlichen Erhöhungen versehen ist, die oben sternförmig mit braunen, weißen oder gelben Stacheln besetzt sind. Die kleinen, meist gelblichen Blumen dringen zwischen den Warzen aus dem Hauptkörper hervor und hinterlassen ebenfalls rothe samenreiche Früchtchen. Da diese Gewächse in ihrem fleischigen Marke auch während der heißesten Jahreszeit viel Feuchtigkeit enthalten, die sie vorzüglich aus der Luft aufnehmen, so gewähren sie in den südamerik. Einöden den verdurstenden Maulthieren der Reisen, den und den wilden Pferden oft eine ersehnte Erquickung, indem dieselben den obern Theil der Pflanze mit den Hufen geschickt abzustreifen wissen und dann das saftige Mark derselben aussaugen.

Von den aus dicken, rundlichen Gliedern von der Größe eines Eies bis zu der einer Hand bestehenden Cactusarten, denen man jetzt meist den Namen Opuntien gibt, ist eine in den Küstenländern des mittelländischen Meeres schon längst eingebürgert und wird hauptsächlich zur Anlage von Hecken benutzt. Alle ähneln der hier abgebildeten Cochenillen-Opuntie, die in Mexico als Nopalbaumin Pflanzungen, die 50–60.000 Stück enthalten, gebaut wird, weil sie der unter dem Namen Cochenille berühmten Art Schildläuse (s.d.) zum Aufenthalt dient, von welchen die Weibchen den kostbaren Karmin liefern, der zum Carmoisin-, Scharlach-, Purpur- und Violettfärben der Zeuche gebraucht wird. Die Cochenilleinsekten, von denen einige auf der Abbildung sichtbar sind, haben die Größe der Hauswanzen, sind aber länglicher geformt und nur die Männchen sind geflügelt. Sie werden jährlich dreimal eingesammelt, dabei mit hölzernen Messern von den Pflanzen abgelöst, hierauf durch heißes Wasser oder in Öfen getödtet und getrocknet, und bilden einen der wichtigsten Handelsartikel von Südamerika, indem davon jährlich für mehr als 31/2 Mill. Thaler ausgeführt werden. Der Cochenillecactus hat rothe Blüten, trägt dunkelrothe, süßliche, eßbare Früchte und ist auch ins südl. Spanien und seit 1828 nach der Insel Java, jedoch ohne großen Erfolg, verpflanzt worden.[360] Ehe die amerik. Cochenille bekannt und allgemein benutzt wurde, bediente man sich in Europa zu denselben Zwecken der Weibchen der poln. oder deutschen Cochenille, auch Kermes genannt, eines violett- oder braunrothen Insekts derselben Gattung, das in Deutschland, noch häufiger aber in Polen an den Wurzeln des Knäuel- oder Blutkrautes und einiger andern, sandigen Boden liebenden Pflanzen angetroffen wird. Es mußte sogar in manchen Gegenden damals ein Theil der Abgaben in solchen Schildläusen bezahlt werden, die meist um Johannis gesammelt und davon auch Johannisblut genannt wurden, aber einen zwanzigmal geringern Werth als die amerik. haben.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 360-361.
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