Carlos [2]

Carlos [2]

[384] Carlos (Don Maria Isidoro), Infant von Spanien, geb. 29. März 1788, zweiter Sohn König Karl IV. und Bruder des 1833 verstorbenen König Ferdinand VII., dessen, sowie seines jüngern Bruders Francisco de Paula Gefangenschaft und Schicksale unter Napoleon's Herrschaft er theilte, seit 1814 beständig dem Hofe Ferdinand's folgte und von ihm zum Generalissimus der span. Land- und Seemacht ernannt wurde.

Nachdem 1823 die 1820 begonnene constitutionnelle Bewegung in Spanien unterdrückt und die absolute Monarchie wiederhergestellt worden war, zeigte sich C. als strengen Anhänger derselben und als Beschützer der Kirche, der Inquisition und Klöster, und wurde so, vielleicht mehr dem Namen nach als der That, das Haupt jener Partei der Karlisten, die gegenwärtig in Spanien noch eine wichtige Rolle spielt und früher auch die apostolische hieß. Von derselben wurden seit 1829 wiederholt Versuche gemacht, [384] den ihren Plänen günstigen Infanten C. anstatt Ferdinand VII. auf den span. Thron zu bringen, ja er wurde sogar in manchen von den Apostolischen beherrschten Provinzen, zuletzt 1827 in Catalonien, als König Karl V. proclamirt. Diese fortwährenden Unruhen, die zwar unterdrückt wurden, mußten aber doch endlich das Mistrauen Ferdinand's gegen den Infanten rege machen, und in der Hoffnung, den ihm noch mangelnden Thronerben zu erhalten, vermählte er sich zum vierten Male im Dec. 1829 mit Marie Christine (s.d.) von Neapel, hob aber auch im März 1830 das von den Bourbons eingeführte salische Gesetz auf, welches die Erblichkeit des Thrones nur in der männlichen Linie erlaubte, und stellte die im altcastil. Rechte begründete Erbfolge in der weiblichen Linie wieder her, wozu er als unumschränkter König völlig berechtigt war. Da nun die Königin, im Oct. 1830 und Jan. 1832, Ferdinand VII. zwei Töchter gebar, sahen C. und die apostolische Partei ihre Hoffnungen vereitelt. Vergebens hatten sie während einer lebensgefährlichen Krankheit des Königs seine Unterschrift eines Widerrufs der neuen Bestimmungen über die Erbfolge erschlichen, denn der unerwartet Genesene verbannte sofort die Urheber dieses Betrugs, machte diesen unschädlich und übertrug zugleich der Königin während der Erneuerung seines Übels die Regierung. C. begab sich jetzt nach Portugal, erließ am 29. Apr. 1833 eine Protestation wegen angeblicher Verletzung seiner Rechte, wurde aber beim Tode Ferdinand VII. nur von den baskischen Provinzen und von Don Miguel in Portugal als König anerkannt und mußte sich, als die zwischen England, Frankreich, Spanien und Portugal geschlossene Quadrupelalliance dem span. General Rodil gestattete, ihn auf portug. Boden zu verfolgen, im Mai 1834 nach England einschiffen. Von dort entwich er aber mit viel Verschlagenheit und List, reiste durch Frankreich, und während er von den in Madrid versammelten Cortes aller seiner Vorrechte verlustig erklärt wurde, langte er in den baskischen Provinzen an und entflammte einen Bürgerkrieg, in dem beide Theile barbarische Grausamkeit bewiesen und der noch fortdauert. (S. Spanien.)

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 384-385.
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