Harnisch

[339] Harnisch oder Panzer hieß im Mittelalter die ganze Rüstung des zum Kampfe fertigen Ritters, und die einzelnen Stücke, aus denen sie bestand, wurden die Waffen genannt, während Lanze und Schwert, überhaupt alle Angriffswaffen, Gewehre hießen. Die Hauptbestandtheile des Harnisch waren: der Helm, der Brustharnisch, das Schild, die Arm-und Beinschienen und die Handschuhe, welche untereinander durch kleinere Waffenstücke in Verbindung gesetzt waren. Zur Verbindung der einzelnen Stücke dienten Schnallen oder Haken, Knöpfe und Öfen. Das Haupt bedeckte der oft reich verzierte, gewöhnlich mit einem Visir versehene Helm; er schloß sich an die Halsberge, welche den Hals und den obern Theil der Brust schützte und mit dem Brustharnisch oder dem Küraß in Verbindung stand. Dieser bedeckte die Brust und einen Theil des Leibes und war durch Schnallen mit dem Rückenstück verbunden. Gleichfalls mit der Halsberge durch die Schulterblätter verbunden waren die Armschienen, und wenn der Krieger den Arm erhob, so schützten ihn die Achselschildchen vor Verwundung. Handschuhe mit Gliedern für die Fingergelenke und Stulpen deckten Hand und Handgelenke. Auf ähnliche Weise, wie die Arme und Hände, waren auch die Beine und Füße gewappnet. Alle diese Waffentheile bestanden meistens aus Eisenblech, der Brustharnisch gewöhnlich aus einem Stück starken geschmiedeten Eisens. Zur Bedeckung des untern Leibes und der Gegend um die Schamtheile diente häufig noch der Blechschurz, welcher aus auf Leder genäheten Eisenschienen bestand. Mit der Verfertigung der oft [339] sehr künstlich und schön gearbeiteten Harnische beschäftigten sich die Harnischmacher oder Plattner. Eine besondere Sorgfalt mußte darauf verwendet werden, daß die Waffen den Körper des Kriegers nicht drückten oder rieben, und zu Erreichung dieses Zweckes fütterte man dieselben mit Leder, Filz, Tuch u. dgl. Zuweilen wurden ganze Harnische aus Schuppen von Eisen oder aus ineinander greifenden Eisenringen zusammengesetzt und nur die Brust mit einem massiven Küraß geschützt. Die einzelnen Waffenstücke wurden zuweilen zierlich mit Gold und Silber ausgelegt oder auch ganz vergoldet oder versilbert, von angelaufenem Stahl gearbeitet u. dgl. Man hat jedoch auch leichtere Harnische aus Leinwand oder flächsenem und hänfenem Garn bereitet, denen man durch Vervielfältigung und Ineinanderflechten einen hohen Grad von Festigkeit zu ertheilen verstand. Reiche und vornehme Ritter, sowie Fürsten trugen über dem Harnisch bis an die Knie reichende, kostbare Waffenröcke. (Vgl. Helm und Schild.) Der Harnisch diente nur zum Schutz gegen Hieb und Stoß, und als daher die Schießwaffen bei der Kriegführung allgemeiner wurden, mußten sich die Harnische als unnütz erweisen, und da sie überdem höchst lästig waren, so kamen sie nach und nach überall ab. Nur den Helm und den Küraß (s.d.) hat man, aber in veränderter Gestalt, namentlich bei der schweren Reiterei, beibehalten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 339-340.
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