Kochkunst

Kochkunst

[627] Kochkunst heißt die Kunst der Zubereitung von Speisen und Getränken, welche bei allen gebildeten Völkern älterer und neuerer Zeit ausgebildet worden ist, und zwar um so höher, je mehr sich die Menschen von Dem, was die Natur ihnen zum Genuß darbietet, entfernten und je mehr sie beim Essen und Trinken nicht nur den Zweck der Sättigung verfolgten, sondern auch auf eine angenehme Weise den Geschmackssinn anregen und den Appetit befriedigen wollten.

Ein Sprüchwort sagt: »Hunger ist der beste Koch«, weil der Hungrige schon zufriedengestellt ist, wenn nur überhaupt auf irgend eine Weise das für ihn schmerzhafte Gefühl gehoben wird. Die Kochkunst aber will den Appetit nicht nur angenehm befriedigen, sie will ihn auch reizen. Sehr weit hatten es in der Kochkunst die in allen Lebensgenüssen ausschweifenden Römer gebracht, doch suchten sie in jener Kunst mehr noch ein Mittel, ihre alle Grenzen übersteigende Verschwendung an den Tag zu legen; denn wenn man z.B. Gerichte aus den Zungen der kostbarsten singenden und zum Sprechen abgerichteten Vögel bereitete, so konnte man hierbei nicht sowol den Wohlgeschmack als die Kostbarkeit beabsichtigen. In neuerer Zeit haben sich besonders die franz. Köche durch die mannichfache Art ausgezeichnet, in welcher sie Speisen auf die verschiedensten, den Appetit reizenden Manieren zubereiten können; doch sind hinter ihnen die Köche anderer europ. Völker nicht zurückgeblieben. Obwol man in alten und neuen Zeiten Köche gehabt hat, so ist doch von jeher die Kochkunst als eine mehr dem weiblichen Geschlecht in ihrer Ausübung zustehende und geziemende Kunst betrachtet worden. Sie ist übrigens eine Kunst, welche sich weniger auf theoretische Kenntnisse über die Natur der rohen Stoffe u.s.w. gründet, als eine solche, welche nur durch die Ausübung erlernt zu werden pflegt. Die Lehrbücher der Kochkunst, die Kochbücher, gehen daher auch nicht auf eine wissenschaftliche Untersuchung der Grundsätze ein, nach denen die Kochkunst betrieben werden soll, sondern geben nur an, wie man gewisse und namentlich solche Speisen zusammenstellen soll, welche seltener bereitet zu werden pflegen. Das wichtigste Bedürfniß einer Köchin ist ein guter Kochofen oder Kochherd, auf deren Construction man in neuerer Zeit große Sorgfalt verwendet hat. Es würde zu weit führen, die verschiedenen Einrichtungen, welche man mit mehr oder weniger Glück ausgeführt hat, zu erwähnen, doch dürfte der unten abgebildete Kochofen sich dadurch empfehlen, daß man mit ihm eine fortdauernd gleiche Heizung erzielen kann, welches für die Bereitung gewisser Speisen von Wichtigkeit ist. Die Abbildung zeigt diesen Ofen nach seiner äußern Ansicht und auseinandergenommen im Durchschnitt. Der eigentliche Ofen (A) besteht aus Eisenblech, hat eine Heizkammer (C), darunter einen Rost (D) und unter diesem einen Aschenherd (B), welcher eine Öffnung (E) hat, die durch einen Schieber (F) verschließbar ist. Über dem Kohlenfeuer steht auf dem Ofen ein kupferner Kessel (H), in welchen ein oben aufruhender blechener Kochtopf so gesenkt ist, daß zwischen seiner äußern Wand und der innern Wand des Kessels ein leerer Raum bleibt. Aus dem Kessel (H) geht nun noch eine Röhre (L) in die Höhe, welche etwas über der Höhe des Kessels durch eine Zwischenwand (0) verschlossen ist, in deren Mitte sich ein Loch befindet. Im oberen Theile der Röhre befindet sich ein beweglicher Cylinder (Q), der an einer Kette hängt, die über zwei Rollen nach dem Schieber (F) reicht. Beim Gebrauch füllt man nun den Zwischenraum zwischen Topf und Kessel mit Wasser, thut die zu bereitende Speise in den Topf und bringt glühende Kohlen in den Heizraum. Das Wasser erwärmt sich allmälig, verwandelt sich in Dampf und je stärker die Dampfbildung wird, desto mehr wird. der Cylinder (Q) gehoben. Wenn der Cylinder steigt, so sinkt [627] durch die Vorrichtung mit der Kette der Schieber (F), und durch diesen Mechanismus bewirkt man, daß bei einer gewissen Stärke der Dampfbildung die Feuerung gemäßigt wird, denn je mehr die Öffnung (E) durch den Schieber geschlossen wird, desto schwächer wird die Feuerung, weil sich der Luftzutritt vermindert. Man sieht in der Abbildung die Kette mit dem Schieber noch besonders gezeichnet und bemerkt eine Vorrichtung, mit welcher der Mechanismus so regulirt werden kann, daß die Stärke der Feuerung in ihrem Verhältniß zur Dampfbildung nach Bedürfniß abgeändert werden kann.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 627-628.
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