Kometen

[636] Komēten, Haarsterne, Schwanz- oder Schweifsterne werden diejenigen unter den übrigen Gestirnen sich bewegenden Sterne genannt, welche sich durch eine nebelhafte Umhüllung und gewöhnlich auch durch einen von der Sonne abgewendeten, zuweilen sehr großen Strahlenschweif auszeichnen. Die Ungewöhnlichkeit ihrer Erscheinung und der großartige Anblick, welchen sie gewähren, besonders wenn sie, im Näherkommen begriffen, von Tage zu Tage an Größe zunehmen, sind die Ursachen, warum sie sehr häufig besonders bei ungebildeten Völkern Erstaunen und Schrecken verbreitet haben. Dazu kam noch, daß man die Regelmäßigkeit der Bahn dieser Himmelskörper nicht kannte, sondern sie für Meteore hielt, welche nur erschienen, um den Menschen ein drohendes Zeichen des göttlichen Zornes zu sein, dessen Strafgericht durch Kriegsnoth, Überschwemmung, Pest u. dgl. bevorstand. Dieser Aberglaube mußte verschwinden, sobald erwiesen war, daß die Kometen gleich den Planeten Weltkörper sind, die unserm Sonnensystem angehören und sich in demselben um die Sonne in Bahnen bewegen, welche sich von denen der Planeten nur dadurch unterscheiden, daß sie ungleich länger sind, d.h. daß die Entfernung der Planeten von der in einem Brennpunkt der Ellipse stehenden Sonne bald außergewöhnlich gering, bald wieder ungewöhnlich groß ist. Da auf diese Weise die Kometen auf ihren Bahnen viel weiter von der Sonne abschweifen als dieses bei den Planeten der Fall ist, so werden sie von der Erde aus nur dann gesehen, wenn sie in die Nähe der Sonne kommen, und sind dann viele Jahre, einige sogar Jahrhunderte lang unsichtbar, bis sie in die Sonnennähe zurückkehren. Die Berechnungen, welche die Astronomen nach Beobachtungen über den Lauf einzelner Kometen gemacht haben, zeigen jedoch hinreichend, daß ihre Bewegung genau ebenso regelmäßig, d.h. innerhalb bestimmter Zeiträume geschieht, wie dieses bei den Planeten der Fall ist. Fast alle Planeten weichen nur wenig mit ihrer Bahn von derjenigen Ebene ab, innerhalb welcher sich die Erde um die Sonne bewegt, und alle Planeten bewegen sich in ihren Bahnen von Westen nach Osten. Dagegen erstrecken sich die Kometenbahnen nach allen Richtungen durch das Sonnensystem sodaß z.B. einige sogar senkrecht auf der Erdbahn stehen, und mehre Kometen sind beobachtet worden, welche sich von Osten nach Westen bewegten. Da die Kometen stets im vollen Lichte erscheinen, auch dann, wenn sie uns ihre von der Sonne abgewendete, also nicht vom Sonnenlicht beschiedene Seite zukehren, so hat man hieraus geschlossen, daß sie selbstleuchtende Körper seien, nicht wie die Planeten und Monde solche, die erst von der Sonne ihr Licht empfangen. Farbe und Stärke ihres Lichtes ist sehr verschieden. Von einigen Kometen wird erzählt, daß sie dem Auge des Beobachters größer als Sonne und Mond erschienen seien. Ihr Licht ist gelblich, weißlich oder röthlich und im Allgemeinen minder lebhaft als das der Planeten. Im Innern der leuchtenden Dunsthülle kann man bei den meisten Kometen einen mehr oder weniger scharf abgegrenzten runden Körper unterscheiden, welcher der Kern oder Kopf des Kometen genannt wird. Von diesem breitet sich der Schweif aus, welcher gegen das Ende zu matter und nebeliger wird. Derselbe erstreckt sich oft durch ganze Sternbilder, zuweilen sogar durch das halbe Himmelsgewölbe. Durch große und glänzende Schweife haben sich unter den bekannten Kometen die von 1456, 1472, 1577, 1618, 1664, 1665, 1680, 1744, 1769 und 1811 ausgezeichnet. Die Regelmäßigkeit der Planetenbahnen wurde erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. entdeckt, namentlich von Dörfel, einem Prediger in Plauen im Voigtlande. Alle bei uns sichtbaren Kometen gehören unserm Sonnensysteme an, doch ist es wahrscheinlich, daß auch andere Sonnen (die Fixsterne) eigne Kometen sowol als Planeten haben. Die Anzahl der zu unserm Sonnensystem gehörigen Kometen ist beiweitem größer als die der Planeten. Seit dem I. 240 n. Chr. hat man bis jetzt etwa 200 Kometen aufgezeichnet, wobei man jedoch noch berücksichtigen muß, daß man in frühern Zeiten nur die allergrößten und nur die Kometen, welche auf der von der cultivirten Welt bewohnten nördl. Hälfte der Erde beobachtet worden sind, aufgezeichnet hat. Viele Kometen werden darum nicht gesehen, weil sie während ihrer Sonnennähe bei Tage am Himmel stehen, dann aber vom Lichte der Sonne überstrahlt werden. Nach einer Wahrscheinlichkeitsberechnung soll die Zahl der Kometen, welche der Sonne näher als Uranus kommen, größer als 437,000 sein. Die Kometen scheinen sämmtlich eine sehr geringe Masse zu haben, welches namentlich daraus folgt, daß sie, wie durch die genauesten astronomischen Beobachtungen bewiesen ist, einen ganz unmerklichen oder gar keinen Einfluß auf die Planeten ausüben, deren Bahnen sie kreuzen und mit denen sie daher nahe zusammenkommen. Je größer nämlich die Masse eines Weltkörpers ist, desto größer ist auch die Anziehung, welche derselbe auf andere Weltkörper ausübt. Man hat nun die Beobachtung gemacht, daß die Kometen, wenn sie in die Nähe der Planeten kommen, gar keine Anziehungskraft geäußert haben. So ist z.B. ein Komet zwischen dem Jupiter und seinen Monden hindurchgegangen, ohne irgend eine merkliche Störung im Laufe dieses Planeten und seiner Monde nach sich zu ziehen. Hierdurch verschwinden die Fabeln, welche man von der Möglichkeit eines Zusammentreffens der Erde mit einem Kometen und dem daraus folgenden Unglück gemacht hat. [636] Der berühmte Astronom Olbers hat die Möglichkeit eines solchen Zusammentreffens berechnet und gefunden, daß man 281 Millionen gegen 1 wetten könne, daß dasselbe nicht stattfinden werde. Auch Newtons Annahme, daß die Kometen zuweilen in die Sonne fielen und derselben neues Licht zur Beleuchtung des Planetensystems zuführten, hat wenig Wahrscheinlichkeit, weil das eigne Licht der Kometen gegen das der Sonne allzu unbedeutend ist, als daß diese durch das Einfallen eines Kometen merklich an Lichtintensität gewinnen könnte. Von den beobachteten Kometen sind diejenigen am interessantesten, welche eine kurze Umlaufszeit haben, daher öfter wiederkehren. Zu diesen gehört der sogenannte schöne Halley, dessen Bahn von dem berühmten Astronomen Halley berechnet worden ist. Derselbe hat eine Umlaufszeit von gegen 77 Jahren und ist zuletzt im Winter 1835–36 sichtbar gewesen. Bei seinem jedesmaligen Erscheinen hat derselbe eine ganz veränderte Gestalt dargeboten, welches seinen Grund zum Theil in den Störungen durch die Planeten und in der großen Entfernung von der Sonne haben mag, welche er erreicht hat. Diese große Entfernung muß einen außerordentlichen Unterschied in der Temperatur des Kometen zur Folge haben. Außerdem sind noch zu erwähnen: der 1815 erschienene Ol bers'sche Komet mit einer Umlaufszeit von 74 Jahren; der 1818 entdeckte Encke'sche Komet mit einer Umlaufszeit von nur 3 Jahren 115 Tagen; der 1826 entdeckte Biela'sche Komet mit einer Umlaufszeit von 6 Jahren 270 Tagen; der 1743 entdeckte Clausen'sche Komet mit einer Umlaufszeit von 5 Jahren 270 Tagen. Dagegen hat aber der Komet von 1680 eine Umlaufszeit von etwa 8814 Jahren und eine Bahn, die 185 Mal länger als breit ist. Derselbe kam der Sonne bis zu 28,000 Meilen nahe und bedeckte mit der Länge seines Schweiss beinahe die Hälfte des Himmels. In Bezug auf den Schweif bieten übrigens die Kometen verschiedene Abweichungen dar, nach denen man sie in mehre Classen unterscheiden kann. Einige nämlich haben statt eines Schweifes nur einen nach allen Seiten ziemlich gleich ausgebreiteten Lichtnebel; andere haben einen Schweif, welcher als weitere Ausdehnung jenes Nebels erscheint, und noch andere endlich haben eine von ihrer nebeligen Atmosphäre ganz getrennte Nebelhülle, die den Kometen an der Sonnenseite halbkugelförmig umgibt und sich dann kegelförmig ausbreitet und nach der der Sonne entgegengesetzten Seite erstreckt. Der Schweif ist gewöhnlich etwas gekrümmt, zuweilen jedoch auch ganz gerade. Es sind auch Fälle vorgekommen, in denen Kometen zwei Schweife gezeigt haben, z.B. der Komet von 1824, bei welchem der eine Schweif nach der Sonne zu, der andere von ihr abgewendet war. An dem Kometen von 1743 will man zuletzt sogar sechs Schweife beobachtet haben. Bei einigen Kometen hatten die Schweife ein so helles Licht, daß sie selbst bei Tage sichtbar waren. Gegenwärtig, wo die Astronomie einen so hohen Standpunkt erreicht hat, werden jährlich ein oder zwei neue Kometen entdeckt, und man bedient sich beim Aufsuchen dieser lichtschwachen Sterne eigner, Kometensucher genannter Fernröhre, welche sehr lichtstark sind, aber ebendeswegen auch nur wenig vergrößern.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 636-637.
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