Molière

Molière

[169] Molière (Jean Bapt. Pocquelin, genannt de), der berühmteste franz. und überhaupt der größte Lustspieldichter der neuern Zeit, geb. 1622 zu Paris, war der Sohn eines Tapeziers in königl. Dienst, der auch zugleich Trödler war und seinen Sohn zur einstigen Fortsetzung dieser Geschäfte bestimmte.

Er ließ ihn jedoch vom 14. Jahre an das Jesuitencollegium besuchen, bis er ihn 1641 zurückrief, um an seiner Stelle den nach Narbonne reisenden Hof zu begleiten, was ihm selbst sein hohes Alter nicht gestattete. M. konnte sich aber mit der ihm angewiesenen Stellung nicht befreunden und war mit dem Hofe kaum nach Paris zurückgekehrt, als er, seiner leidenschaftlichen Neigung zum Theater folgend, 1642 einer Schauspielertruppe sich anschloß und seitdem den Namen Molière zulegte. Die Ausübung [169] der Kunst ging jetzt mit dem Studium der betreffenden Literatur alter und neuer Zeit bei ihm Hand in Hand, seit 1654 aber trat er mit dem zuerst in Lyon aufgeführten »Unbesonnenen« selbst als Lustspieldichter auf, Dies und einige andere in Provinzialstädten mit Beifall gegebene Stücke von ihm machten M. bekannt und er wagte es 1658 mit seiner Gesellschaft in Paris zu spielen, wozu ihm ein ehemaliger Schulgenosse, der Prinz de Conti, die Erlaubniß verschafft hatte. M. begann mit einer für damalige Zeitverhältnisse unerhörten Kühnheit, die aber zugleich von richtiger Beurtheilung der Pariser spricht, seine Vorstellungen mit »Die pretiösen Schönen«, in denen das gezierte schöngeistige Treiben eines nicht unangesehenen Theils des damaligen pariser Publicums verspottet wird, und mit den Lachern waren auch die meisten Stimmen auf M.'s Seite. Zum Zeichen der besondern Zufriedenheit Königs Ludwig XIV. ward er mit seiner Gesellschaft in königl. Dienste genommen und erfreute sich von nun an des königl. Schutzes gegen mancherlei Anfeindungen, denen er durch seine sittliche Richtung und seine Freimüthigkeit sich aussetzte, mit welcher er vorzüglich die Thorheiten seiner Zeit geißelte, während er selbst sich vor andern franz. Dichtern von den Vorurtheilen derselben frei erhielt. Seine Charaktere sind das Abbild der Wahrheit und mehre, wie z.B. Tartufe und Harpagon für Heuchler und Geizhals, auch bei uns sprüchwörtlich geworden; seinen Dialog zeichnet die höchste Natürlichkeit aus und seine Verse sind meisterhaft. M. ließ sich selbst durch die Aussicht, Mitglied der franz. Akademie zu werden, nicht dazu bewegen, nicht mehr aufzutreten und starb im Febr. 1673 in Folge eines Blutsturzes, der ihn überraschte, während er in seinem »Eingebildeten Kranken« auf der Bühne thätig war; aber nur auf Verwendung des Königs gestattete die Geistlichkeit bei dem damaligen Vorurtheile gegen Schauspieler, daß M. in der Stille in St.-Joseph bestattet wurde. Die größte, noch fortwährende Berühmtheit erhielten von M.'s Stücken »Die Schule der Frauen«, »Die Schule der Männer«, »Der Misanthrop« und »Tartufe«, die beißendste und meisterhafteste Verspottung heuchlerischer Frömmigkeit, daher noch 1825 die Geistlichkeit zu Rouen das Verbot ihrer Aufführung durchsetzte, wie das Stück denn auch nur durch einen Machtspruch Ludwig XIV. auf die Bühne kam. Die Akademie ließ 1778 M.'s Büste mit der Inschrift: »Nichts fehlte an seinem, er aber unserm Ruhme« in ihrem Sitzungssale aufstellen, das Théâtre français aber feiert jährlich seinen Geburtstag mit festlicher Darstellung eines seiner Stücke und Bekränzung seiner Büste, auch ist daselbst aus Reliquien seines Nachlasses ein sogenanntes Molière-Museum angelegt worden. Eine deutsche Übersetzung von M.'s Werken hat H. Zschokke (6 Bde., Zürich 1806) geliefert, und von einer neuen, besorgt von Mehren und herausgegeben von L. Lax, ist der erste Band (Aachen 1837) erschienen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 169-170.
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