Orléans [3]

[318] Orléans (spr. -áng), Geschlecht. Die Stadt O. war mit ihrem Gebiete ein Lehn der Krone Frankreich, das unter den Valois und Bourbons mehrern Seitenzweigen des königl. Hauses als Herzogtum verliehen wurde. Karl VI. gab es 1391 seinem Bruder Louis, Grafen von Valois, geb. 1372, ermordet 23. Nov. 1407 zu Paris. Dessen Sohn Charles, Herzog von O., geb. 26. Mai 1391, gest. 4. Jan. 1465, ist als Dichter berühmt. Sein Sohn Louis wurde 1498 als Ludwig XII. König von Frankreich. – Ludwig XIII. verlieh das Herzogtum 1626 seinem Bruder Jean Baptiste Gaston (geb. 25. April 1608, gest. 2. Febr. 1660 ohne männliche Erben), der als Teilnehmer an den Verschwörungen gegen Richelieu und als Gegner Mazarins eine unrühmliche Rolle spielte. »Memoires« (Par. 1685; neue Ausgabe 1756). – Ludwig XIV. erhob 1660 seinen Bruder Philipp (geb. 21. Sept. 1640, gest. 9. Juni 1701) zum Herzog von O., dessen Nachkommen das heutige Haus O. bilden. Sein Sohn aus zweiter Ehe mit Elisabeth Charlotte von der Pfalz., Philipp II., Herzog von O., geb. 2. Aug. 1674, während Ludwigs XV. Minderjährigkeit Regent von Frankreich, gest. 2. Dez. 1723. – Sein Urenkel, Herzog Ludwig Jos. Philipp, geb. 13. April 1747, schloß sich unter Ludwig XVI. der Opposition an, stimmte in der Revolution als »Bürger Egalité« mit der Bergpartei für den Tod des Königs, 6. Nov. 1793 guillotiniert. – Sein Sohn bestieg als Ludwig Philipp (s.d.) 1830 den franz. Thron. Aus dessen Ehe mit Marie Amalie von Sizilien stammten acht Kinder: 1) Ferdinand, seit 1830 Herzog von O., geb. 3. Sept. 1810 zu Palermo, vermählt 1837 mit Helene, Tochter des Erbgroßherzogs Friedrich Ludwig von Mecklenburg-Schwerin, gest. 13. Juli 1842 infolge eines Sturzes aus dem Wagen. Söhne: a. Philipp, Graf von Paris, geb. 24. Aug. 1838, seit dem Tode des Grafen Chambord (s.d.) von den Royalisten als Erde der Krone von Frankreich anerkannt, ward 1886 aus Frankreich verwiesen, gest. 8. Sept. 1894 in Stowe-House bei London. Aus seiner Ehe mit Isabelle, Herzogin von Montpensier, stammen zwei Söhne: Philipp, Herzog von O. (geb. 6. Febr. 1869, 1886 gleichfalls verbannt, seit dem Tode seines Vaters der fast allgemein anerkannte Prätendent der franz. Royalisten, und Ferdinand (geb. 9. Sept. 1884); b. Robert von O., Herzog von Chartres (s.d.). – 2) Louis, Herzog von Nemours (s.d.). – 3) François, Prinz von Joinville (s.d.). – 4) Henri, Herzog von Aumale (s.d.). – 5) Antoine, Herzog von Montpensier (s.d.). Seine Tochter Maria de las Mercedes, geb. 24. Juni 1860, vermählt 23. Jan. 1878 mit Alfons XII. von Spanien, gest. 26. Juni 1878; sein Sohn Prinz Antoine, geb. 23. Febr. 1866. 6) Louise von O., geb. 3. April 1812, [318] gest. 11. Okt. 1850 vermählt 9. Aug. 1832 mit Leopold I., König der Belgier. – 7) Marie von O., geb. 12. April 1813, Künstlerin, 1837 vermählt mit Herzog Friedrich Wilhelm Alexander von Württemberg, gest. 2. Jan. 1839 in Pisa. – 8) Clémentine von O., geb. 3. Juni 1817, vermählt 20. April 1843 mit Prinz August Ludwig Viktor von S.-Coburg-Gotha (gest. 26. Juli 1881). Ihr jüngster Sohn ist Ferdinand (s.d.) Fürst von Bulgarien. – Das durch Dekret vom 22. Jan. 1852 eingezogene Vermögen der Familie wurde ihr durch Beschluß der Nationalversammlung vom 21. Dez. 1872 wieder zurückgegeben, dagegen 25. Febr. 1883 die Anstellung der O. in der Armee verboten. – Vgl. Laurentin (3 Bde., 1832-34), Marchal (1845), Vautibault (7 Bde., 1888-89).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 318-319.
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