Esthland (Geographie)

[15] Esthland (Geographie), russisches Gouvernement, ein Küstenland, das im Norden vom finnischen Meerbusen und im Westen von der Ostsee bespült wird, zählt mit den dazu gehörigen Inseln 324 Quadrat Meilen mit 216,000 Einwohnern. Der Boden ist hier beinahe überall flach, die Küste von Reval bis Narva nur einige Faden höher als die Meeresfläche, und mit Granitblöcken besäet. Im Innern ist das Land fruchtbar, doch gibt es auch viele Moräste, die selbst bei der größten Sonnenhitze nicht austrocknen. Man baut vorzüglich Roggen, [15] Gerste, Hafer, Flachs, Hanf und viele Küchengewächse. Die Fischerei an den Küsten, namentlich der Strömlingsfang, ist bedeutend. Die Industrie ist nicht von Wichtigkeit, der gemeine Mann baut sich sein Haus aus übereinandergelegten Balken und verfertigt sich Ackergeräthe, Hausgeschirre etc. selbst. Die Hauptmasse der Einwohner (die Esthen) ist von finnischer Abstammung; ihre Sprache weich und wohlklingend. Das weibliche Geschlecht ist sehr schön und zeichnet sich durch reizende Formen, blendende Weiße, zarte Rothe und blondes Haar aus. Ein den unverheiratheten Mädchen eigener Schmuck bildet der Perg, ein Ringel von Pappe mit Stücken seidenen Zeugs überzogen und mit unechten Treffen besetzt. Er wird auf dem Haupte getragen und dient dazu, die Haare zusammenzuhalten. – Eigenthümlich sind die Hochzeitsgebräuche; die Brautwerbung geschieht durch Braantwein, welches Getränk hier unter dem Volke ungemein beliebt ist. Die Hochzeitsfeierlichkeiten dauern mehrere Tage. Außer den Esthen wohnen auch Deutsche, wozu vorzüglich der Adel, die Geistlichkeit, die Handwerker gehören, in diesem Gouvernement. Der esthländische Adel gilt für sehr gebildet Und wie unter der gemeinen Klasse, so findet man auch hier viel weibliche Schönheiten. Die Hauptstadt ist Reval (s. d.).

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Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 15-16.
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