Savoyen

[55] Savoyen, Herzogthum, Theil des Königreichs Sardinien, von den grajischen, cottischen und penninischen Alpen erfüllt, 2011/2 QM. groß mit 583000 meistens armen Einw. franz. Stamms, die Fleiß und Sparsamkeit, womit sie in der Heimath u. Fremde ihren Lebensunterhalt gewinnen, allgemein achtungswerth macht. Eingetheilt ist S. in die Generalintendanzen Chambery u. Annecy; Hauptstadt ist Chambery. S. (von Sapaudia, welcher Name im 4. Jahrh. erscheint) war ein Theil Galliens, wurde nach einander von den Römern, Gothen, Burgundern u. Franken erobert. 1038 mit dem zweiten Königreich Burgund den deutschen Kaisern unterworfen, deren Gewalt durch die Grafen von Susa, Chablais, Maurienne geübt wurde. Von letztern leitet das Haus S. seine Abkunft her, in welchem sich kriegerischer Geist u. schlaue Politik vererbte. Humbert I. unterstützte Kaiser Konrad II. gegen den burgund. Prätendenten Odo von Champagne und wurde dafür mit Chablais, Wallis, Guichenon u. Pingre belehnt (1034); Amadeus I. (1048 bis 1072) erheirathete Susa, Aosta und Turin, Humbert II. (1072–1108) eroberte die Tarantaise; Kaiser Heinrich IV. erhob 1111 seinen Schwager Amadeus II. zum Reichsgrafen von S., welcher Name fortan statt Susa gebräuchlich wird. Humbert III. erkämpfte 1169 die Lehensherrlichkeit über Saluzzo, Thomas I. (1188–1233) erwarb Chambery und einen Theil der Waadt, Peter I. (1263–68) dehnte seine Herrschaft bis über Bern aus und nur mit Mühe gelang es Kaiser Rudolf I. den Grafen Philipp I. zurückzudrängen. 1279 theilte sich die Dynastie in die Linien S. und Piemont, letztere erlosch jedoch 1418. Amadeus IV. von S., gest. 1323, erwarb Asti, Bresse und Ivrea und den Rang eines Reichsfürsten, Amadeus VI. (1383–91) erwarb Nizza, Ventimiglia, Coni, Chivasso, Villafranca u. Barcelonette, Amadeus VII. (1391–1431) die Grafschaft Genf und wurde 1416 von Kaiser Sigismund zum Herzog erhoben (s. Felix V.). Herzog Ludwig I. (1434 bis 1465) war mit Anna von Lusignan vermählt, daher sein Enkel Karl I. (1482 bis 1489) Cypern ansprach und das Haus S. den Königstitel von Jerusalem annahm. Unter Karl III. (1504 bis 1553) gingen alle Besitzungen in der Schweiz verloren u. da der Herzog in dem gewaltigen Kampfe zwischen Kaiser Karl V. u. Franz I. von Frankreich sich weder dem einen noch dem andern in die Arme werfen wollte, verlor er sein ganzes Land, das erst Philibert Emmanuel (1553–80) allmälig zurückerhielt und dazu Oneglia u. Tenda [55] erwarb. Karl Emmanuel II. (1580 bis 1630). Victor Amadeus I. (1630 bis 1637), Emmanuel II. (1638–75) hatten viel von Frankreich zu leiden, von dem sie als Vasallen behandelt wurden und erst Victor Amadeus I. (1675–1730) gelang es sich eine günstigere Stellung zu erringen (dar über und weiter s. Sardinien). Die ältere Linie S. erlosch 1831. worauf die jüngere, S.-Carignan, auf den Thron gelangte. (Vgl. »Frezet, histoire de la maison de Savoie«, 3 vol., Tur. 1826–28.)

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 55-56.
Lizenz:
Faksimiles:
55 | 56
Kategorien: