Burgund

[725] Burgund (Bourgogne), alte Provinz Frankreichs, Ueberbleibsel des alten Königreichs B., ungefähr 400 QM. groß, gegenwärtig in die Departements Aine, Haute Marne, Aube, Saône Loire, Côte dʼOr und Yonne getheilt, ist mit mäßigen Bergen und Hochflächen erfüllt, im Osten von dem Jura. B. gehört zum Gebiete der Rhone, Seine und Loire, die durch die Kanäle von Burgund, du Centre und den Marnekanal verbunden sind. B. ist fruchtbar an Getreide und trefflichem Wein, hat bedeutende Viehzucht, Bergbau auf Eisen und Steinkohlen; die Industrie ist nicht unbedeutend. Die wichtigsten Städte sind: Dijon, Macon, Auxerre, Autun, Chalons sur Saône, Bourg. Von dem Herzogthum B. ist die Freigrafschaft B. (franche Comté) am Doubs u. Jura mit Besançon, Pontarlier, Ornans, Blamont u.s.w. zu unterscheiden. – Geschichte. Die Burgunder oder Burgundionen, ein deutscher Stamm, wanderten von der Oder und Weichsel durch Deutschland nach Gallien u. ließen sich anfangs des 5. Jahrh. zwischen der Aare und Rhone nieder. Sie wurden bald arianische Christen; ihr Königshaus beherrschte in mehrere Familien getheilt das Land und zerfleischte sich durch Krieg und Mord, bis 534 die Franken B. unterwarfen, welches unter den Merowingern u. ersten Karolingern unterworfen blieb. Im Jahr 879 aber ließ sich der Graf Boso von B. von den geistlichen u. weltlichen Großen zum König erklären; von der Residenz Arles heißt dies Königreich B. das arelatensische Reich. Gleichzeitig mit ihm warf sich an der Aare ein burgundischer Großer, Rudolf (von Strättlingen), zum Könige auf und dieses B. hieß nun Kleinburgund oder das transjuranische. 933 vereinigten sich die beiden Königreiche und wurden 1034 von Kaiser Konrad II., der Erbansprüche geltend machte, mit dem deutschen Reiche vereinigt; schon unter Boso hatte sich jedoch Niederburgund unter dem Grafen Richard als eigenes Herzogthum unter franz. Hoheit getrennt und behauptete sich, bis 1361 das Haus erlosch. Die deutschen Kaiser konnten ihre Oberherrschaft gegen Süden nie über Genf und Besançon hinab geltend machen und selbst die Franche Comté wurde ihnen streitig gemacht. jedoch behauptet, eigentliche Provinz wurde aber nur das Gebiet der Aare, das nach Heinrich IV. die Zähringer als Reichsstatthalter verwalteten u. das Andenken ihrer Herrschaft durch die Stiftung von Freiburg und Bern verewigten. Die Freigrafschaft ging durch Heirath 1302 an die Grafen von Flandern und Artois über und 1362 abermals durch Heirath an den Herzog Philipp von B., so daß die beiden B. vereinigt waren. Dieser Philipp war der Sohn König Johanns II. von Frankreich, der ihn 1363 zum Herzoge von B. nach dem Aussterben des burgundisch herzogl. Hauses ernannt hatte. Ihm folgte sein Sohn Johann der Unerschrockene (1404–19), der in den franz. Wirren u. dem engl. Kriege eine große Rolle spielte. Diesem folgte (1419–67) Philipp der Gute; durch ihn wurde B. zu einer europ. Macht, indem er Engländer und Franzosen glücklich bekriegte und sich von beiden unabhängig machte u. die Erbtochter Jakobea von Holland [725] zu einem Vergleiche zwang, der 1432 die Niederlande ganz mit B. vereinigte. Sein Sohn Karl der Kühne (1467–77) kaufte Geldern u. Zütphen, züchtigte die rebellischen Lütticher und Genter, demüthigte den König Ludwig XI. von Frankreich, eroberte 1475 Lothringen, verlor in dem Kriege gegen die Schweiz und Herzog Sigmund von Oesterreich 1476 die Schlachten von Granson u. Murten und 1477 in der Schlacht von Nancy das Leben. Das eigentliche Herzogthum B. riß Ludwig XI. als ehemaliges franz. Lehen an sich, die anderen Länder aber behauptete Max I., der Gemahl von Karls des Kühnen Tochter Maria. Nach Karls V. Abdankung kamen sie an Spanien, das einen großen Theil an Ludwig XIV. verlor; von den Niederlanden hatten sich die nördl. Provinzen als die Republik der Generalstaaten unabhängig gemacht, die südl., Belgien, aber fielen durch den Frieden von Baden 1714 an Oesterreich (vergl. Belgien).

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 725-726.
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