Burgund

[353] Burgund. Die Burgunder, von den Alten auch Burgundionen genannt, gehörten einem Hauptstamme deutscher Völker, den Vandalen, an und waren den Römern und Griechen schon im ersten Jahrh. n. Chr. bekannt. Ihre damaligen Wohnsitze lagen zwischen der untern Oder und Weichsel, von wo sie durch den Andrang feindlicher Nachbarvölker in das westl. und südl. Deutschland gedrängt wurden, in Verbindung mit andern deutschen Stämmen zu Anfang des 5. Jahrh. in das röm. Gebiet einfielen und am Rhein, in der später die Pfalz genannten Gegend festen Fuß faßten. Nach und nach breiteten sie sich weiter aus, wagten 436 sogar einen Angriff auf die röm. Provinz Belgien, der jedoch mislang und wol zu weitern Feindseligkeiten mit den Römern geführt haben würde, wenn bei diesen die Annäherung der Hunnen unter Attila (s.d.) nicht den Wunsch erregt hätte, ihre Nachbarn zu Freunden zu haben. Die Burgunder wurden sogar ihre Bundesgenossen und ihr König Gundicar zog dem röm. Hauptheere weit voraus den Hunnen entgegen, von denen er aber geschlagen und dabei getödtet wurde. Um dieselbe Zeit räumten die Römer die Gegenden zwischen den Flüssen Loire und Saone im heutigen westl. Frankreich den Burgundern ein, welche sich von da nach Savoyen, über einen Theil der Schweiz und des südl. Frankreichs ausbreiteten und das seit 465 bekannte burgund. Reich stifteten, dessen Hauptstädte Lyon und Genf waren. Zu Anfang des 6. Jahrh. begannen ihre Kämpfe mit den Franken, die sich endlich 534 Burgund unterwarfen, das indeß noch einige Zeit seine Verfassung behielt, bis unter den Nachfolgern Karl des Großen das Land in Provinzen zertheilt und von Statthaltern verwaltet wurde, von denen die Mächtigern sich bei guter Gelegenheit unabhängig zu machen suchten. Dieser ungewisse Zustand endigte im letzten Viertel des 9. Jahrh. durch die Stiftung dreier burgund. Staaten, der Königreiche Nieder- und Hochburgund und des Herzogthums Burgund. Das erstere umfaßte die Länder diesseit des Juragebirges zwischen der Saone, den Alpen und dem Meere und erhielt von seiner Hauptstadt Arles auch den Namen des arelatischen Königreichs; das andere bildeten jenseit des Jura ansehnliche Theile der Schweiz, von Savoyen und Lothringen, das Herzogthum aber bestand hauptsächlich aus dem Gebiete der später franz. Provinz Bourgogne, welche die Departements Côte d'Or, Saone und Loire des heutigen Frankreichs ausmacht. Niederburgund wurde 930 mit Hochburgund vereinigt und kam unter Kaiser Konrad II., der eine Enkelin Rudolf III., des letzten Königs von B., zur Gemahlin hatte, 1032 größtentheils an Deutschland.

Als 1001 auch die Herzoge von B. ausstarben, fiel ihr Besitzthum an König Robert von Frankreich, welcher es seinem dritten Sohne Robert verlieh, der nun die erste kön. Linie der Herzoge von B. stiftete, nach deren Erlöschen 1361 das Land von König Johann von Frankreich seinem Sohne Philipp dem Kühnen gegeben wurde, welcher die zweite kön. Linie der Herzoge von B. eröffnete, durch welche die Franche Comté oder Freigrafschaft B., die Grafschaft Artois und fast die ganzen Gebiete der heutigen Königreiche Belgien und der Niederlande erworben wurden und dieser Staat zum höchsten Ansehen gelangte. Der letzte Herzog dieses Stammes, Karl der Kühne, war einer der mächtigsten europ. Fürsten damaliger Zeit und trachtete nach der Königskrone, verlor aber in einem unglücklichen Kriege mit den Schweizern am 5. Jan. 1477 in der Schlacht bei Nancy das Leben. Von seinem Nachlasse, in der Geschichte gewöhnlich die burgund. Erbschaft genannt, zog Frankreich das eigentliche Herzogthum B. als franz. Lehn ein und bemächtigte sich unter allerlei Vorwand einiger anderer Gebiete, [353] das übrige fiel seiner einzigen Tochter Maria zu, welche sich hierauf mit Maximilian von Ostreich vermählte, allein schon 1482 mit Hinterlassung von drei Kindern starb, von denen aber nur zwei, der Erzherzog Philipp, gest. 1506 als König von Kastilien, und die Erzherzogin Margaretha, gest. 1530 als Statthalterin der Niederlande, ihre Mutter lange überlebten. Ihrem Vater wurde die vormundschaftliche Verwaltung von den Ständen sehr erschwert; nachdem er aber 1493 den deutschen Thron bestiegen, übergab er seinem Sohne Philipp die Regierung des ehemaligen burgund. Staates und verband denselben 1512 als burgund. Kreis, den zweiten der von ihm eingerichteten 10 Reichskreise, mit dem röm. Reiche deutscher Nation. Derselbe begriff zuerst die Freigrafschaft B. und die 17 Provinzen der Niederlande, wovon aber nach Errichtung der Republik der vereinigten Niederlande im 16. Jahrh. und nach wiederholten Abtretungen nur die sogenannten östr. Niederlande übriggeblieben waren, die 1801 im luneviller Frieden an Frankreich überlassen, 1815 vom wiener Congreß zum Königreiche der Niederlande (s.d.) geschlagen wurden und seit 1830 zum Königreiche Belgien (s.d.) gehören.

Die Burgunderweine, auch Weine des Departement Côte d'Or genannt, sind meist von rother Farbe und gehören zu den besten franz. Weinen. Sie zeichnen sich durch lieblichen Feingeschmack und eine dauernde, nicht erhitzende Wirkung aus, daher sie von alten und schwachen Personen zur Stärkung genossen werden können. Nur die besten Sorten, zu denen der weiße Romanée, Mont-Rachet und der rothe Chambertin, Clos-Vougeot, St.-Georg und Richebourg gezählt werden, halten sich lange und vertragen die Versendung zu jeder Zeit, die geringern aber müssen jung getrunken werden. Überhaupt hält sich der Burgunder besser auf Flaschen, als Fässern; auch wird jetzt viel moussirender Burgunderwein nach Art des Champagner bereitet, der aber viel schwerer ist.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 353-354.
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