Ammonsches Gesetz

[447] Ammonsches Gesetz. Von dem Lande her findet nach dem Gesetz der natürlichen Auslese ein beständiger Strom, und zwar vorwiegend der weniger kurzköpfigen Elemente, nach den Städten statt. Die Einwanderer gelangen hier, zum größten Teil wenigstens, in günstigere Ernährungsverhältnisse, wodurch ihr Körperwachstum und ihre seelischen Anlagen eine Steigerung erfahren. Ein Teil von ihnen, und zwar hauptsächlich die mehr rundköpfigen Elemente, wird im städtischen Leben aufgerieben, ein andrer Teil, die mehr langköpfigen Elemente, behauptet sich besser, indem er sich den städtischen Verhältnissen anzupassen versteht. Im Laufe zweier Stadtgenerationen haben sich die Einwanderer schließlich in zwei Gruppen gesondert: in eine hellere rundköpfige Gruppe, die der gewerbetreibenden und handeltreibenden Bürger und der Subalternbeamten, sowie eine dunklere langköpfige Gruppe, die der Gelehrten und höhern Beamten. Einseitige Ausbildung des Geistes ist aber mit dem körperlichen Gedeihen unvereinbar; daher fallen die Nachkommen der zweiten Gruppe sehr bald dem Aussterben anheim, was wiederum eine fortwährende Erneuerung durch das Aufsteigen frischer Individuen[447] und somit erneute Einwanderung vom Lande her zur Folge hat. Vgl. Otto Ammon, Die natürliche Auslese beim Menschen (Jena 1893).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 447-448.
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