Amtsvorsteher

[465] Amtsvorsteher, nach den preuß. Kreisordnungen (s. Kreisverfassung) der über einen Amtsbezirk (s. d.) gesetzte Polizeibeamte. Der A. verwaltet insbes. die Sicherheits-, Ordnungs-, Sitten-, Gesundheits-, Gesinde-, Armen-, Wege-, Wasser-, Feld-, Forst-, Fischerei-, Gewerbe-, Bau- und Feuerpolizei, soweit sie nicht dem Landrat oder besondern Beamten übertragen sind; er hat das Recht und die Pflicht, da, wo die Erhaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit ein Einschreiten notwendig macht, das Erforderliche anzuordnen und ausführen zu lassen; er hat zu sorgen, daß die öffentlichen Wege in vorschriftsmäßigem Zustand erhalten bleiben und der Verkehr auf ihnen nicht behindert werde. Dem A. steht ein Amtsausschuß zur Seite, der sich aus Vertretern der zum Amtsbezirk gehörigen Gemeinden oder selbständigen Gutsbezirke zusammensetzt. Besteht der Amtsbezirk nur aus einer Gemeinde, so nimmt die Gemeindevertretung die Geschäfte des Amtsausschusses wahr. In den nur aus einem Gutsbezirk bestehenden Amtsbezirken fällt der Amtsausschuß weg. Dem letztern steht die Kontrolle sämtlicher und die Bewilligung derjenigen Ausgaben der Amtsverwaltung zu, die vom Amtsbezirk aufgebracht werden, ferner die Beschlußfassung über die Polizeiverordnungen, die dei A. unter Mitwirkung des Amtsausschusses zu erlassen befugt ist, die Äußerung über Abänderung des Amtsbezirks, die Bestellung sowie die Wahl besonderer Kommissionen oder Kommissare zur Vorbereitung und Ausführung von Beschlüssen des Amtsausschusses, endlich die Beschlußfassung über sonstige Angelegenheiten, die der A. aus dem Kreise seiner Amtsbefugnisse dem Amtsausschuß unterbreitet. Die Gemeinde- und Gutsvorstände sind dem A. insofern unterstellt, als sie den Anweisungen und Aufträgen, die er in Gemäßheit seiner gesetzlichen Befugnisse an sie erläßt, nachzukommen haben. Die Aussicht über die Geschäftsführung des Amtsvorstehers führt der Landrat als Vorsitzender des Kreisausschusses. Letzterer entscheidet über Beschwerden gegen Verfügungen des Amtsvorstehers. Der A. wird auf Grund von Vorschlägen des Kreistags auf je 6 Jahre vom Oberpräsidenten ernannt und vom Landrat vereidigt. In den nur aus einer Gemeinde oder einem selbständigen Gutsbezirk bestehenden Amtsbezirken ist der Gemeinde- oder Gutsvorsteher zugleich A. Der A. ist berechtigt, eine Amtsunkostenentschädigung zu beanspruchen, die nach Anhörung der Beteiligten von dem Kreisausschuß als Pauschquantum festgesetzt wird. Vgl. v. Borries, Die Amtsführung der Gemeinde-, Guts- und Amtsvorsteher (2. Aufl., Berl. 1896).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 465.
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