Bériot

[689] Bériot (spr. -ō), Charles Auguste de, Violinvirtuos, geb. 20. Febr. 1802 zu Löwen in Belgien, gest. 8. April 1870 in Brüssel, erhielt den ersten musikalischen Unterricht in seiner Vaterstadt, studierte 1821 in Paris noch kurze Zeit unter Baillot, ging aber dann seinen eignen Weg. Nachdem er in Paris mit großem Erfolg öffentlich aufgetreten war, machte er eine Kunstreise nach England. Nach seiner Rückkehr erteilte ihm König Wilhelm der Niederlande eine Pension mit dem Titel eines ersten königlichen Kammermusikus; aber die Ereignisse von 1830, die Belgien von Holland trennten, brachten B. um diese Vorteile. Um diese Zeit knüpfte er mit der Sängerin Malibran ein Liebesverhältnis an, das 1836, nach erfolgter Scheidung derselben von ihrem ersten Gatten, zur Eheschließung führte. Nach dem baldigen Tode seiner Gattin unternahm B. mit deren jüngerer Schwester Kunstreisen, die ihn auch nach Leipzig, Berlin und Wien führten, wo sein virtuoses Spiel allgemeinen Beifall fand. 1842 kam er an Baillots Stelle als Lehrer an das Konservatorium zu Paris, 1843 an das zu Brüssel. Seine 1852 erfolgte Erblindung nötigte ihn, ins Privatleben zurückzutreten. B. ist der Begründer der von der Pariser Violinistenschule durch weitere Steigerung der Richtung auf das rein Virtuosenhafte bis zum gänzlichen Aufgehen in inhaltlosem Arabeskenwesen sich abzweigenden Brüsseler. Den Kompositionen Bériots (10 Konzerte, Etuden [École transcendente de Violon], Variationen, auch Sonaten [mit Thollery, Osborn u. a.], Trios etc.) kann ein höherer Kunstwert nicht zugesprochen werden. Seine 1858 erschienene Violinschule (neue Ausgabe von Herrmann) steht noch in Ansehen. – Ein Sohn Bériots u. der Malibran, Charles Wilfried de B., geb. 12. Febr. 1836 in Paris, wirkt daselbst als Klavierspieler und Komponist (zwei Konzerte mit Orchester und kleinere Klavierkompositionen); derselbe verfaßte mit seinem Vater eine »Méthode d'accompagnement pour piano et violon« sowie Duos für Klavier und ViolineOpéras sans paroles«).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 689.
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