Bechstein

[532] Bechstein, 1) Johann Matthäus, Ornitholog und Forstmann, geb. 11. Juli 1757 in Waltershausen, gest. 23. Febr. 1822 in Dreißigacker, studierte in Jena 1778–80, ward 1785 Lehrer an der Erziehungsanstalt zu Schnepfenthal, gründete 1794 eine Forstlehranstalt bei Waltershausen, ging 1800 als Direktor an die Forstlehranstalt nach Dreißigacker bei Meiningen und stiftete die Sozietät der Forst- u. Jagdkunde, deren Abhandlungen in der Gesellschaftsschrift »Diana« (seit 1797) veröffentlicht wurden. Er schrieb: »Gemeinnützige Naturgeschichte Deutschlands aus allen drei Reichen der Natur« (Leipz. 1789–95, 4 Bde.; 2. Aufl. 1801–1809); »Gemeinnützige Spaziergange auf alle Tage im Jahr« (mit André 1790–93,4. Jahrg., 8 Bde.); »Forst- und Jagdwissenschaft nach allen ihren Teilen« (Erfurt 1818–27, 14 Bde.); »Abbildungen naturhistorischer Gegenstände« (Leipz. 1796–1810, 8 Bde.; 2. Aufl. 1816–27, 6 Bde.); »Naturgeschichte der Hof- und Stubenvögel« (5. Aufl., hrsg. von Berge, das. 1870). Vgl. L. Bechstein, I. M. B. und die Forstakademie Dreißigacker (Meining. 1855).

2) Ludwig, Dichter und Schriftsteller, Neffe des vorigen, geb. 24. Nov. 1801 in Weimar, gest. 14. Mai 1860 in Meiningen, widmete sich der Pharmazie, erhielt aber nach Veröffentlichung seiner »Sonettenkränze« (Arnstadt 1828) vom Herzog von Meiningen die Mittel, eine Universität zu beziehen. Er studierte in Leipzig und München Philosophie, Literatur und Geschichte und wurde 1831 Bibliothekar der herzoglichen öffentlichen Bibliothek in Meiningen, 1840 Hofrat, 1848 Archivar des hennebergischen Gesamtarchivs. B. war namentlich auf dem Gebiete des Romans und der Novelle überaus fruchtbar; die schnelle Produktion schädigte aber seine Leistungen. Seine Nüchternheit kontrastierte mit seiner Vorliebe für romantische Stoffe; seine Formgewandtheit erhob sich selien zur Formvollendung. Erfreulicher wirken die lebendige Frische vieler Schilderungen und seine thüringische Heimatsliebe. Von seinen poetischen Werken seien erwähnt: »Die Haimonskinder« (Leipz. 1830); »Der Totentanz« (das. 1831); »Faustus«[532] (das. 1833); »Luther« (Frankf. 1834); »Gedichte« (das. 1836); »Neue Naturgeschichte der Stubenvögel«, humoristisches Lehrgedicht (Hannov. 1846), und sein nachgelassenes Epos »Thüringens Königshaus« (Leipz. 1865). Unter seinen Romanen und Novellen verdienen Hervorhebung: »Das tolle Jahr« (Leipz. 1833, 3 Bde.); »Der Fürstentag« (das. 1834, 2 Bde.); »Fahrten eines Musikanten« (Schleusing. 1836–37, 3 Bde.; 2. Aufl. mit einem 4. Teil, Frankf. 1854), dazu als Seitenstück »Klarinette« (Leipz. 1840, 3 Bde.). Seiner verdienstlichen Teilnahme an der Sagen- und Märchenpoesie, namentlich der Heimat, entstammten: »Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes« (Hildburgh. 1835–38, 4 Bde.); »Der Sagenschatz des Frankenlandes« (Würzb. 1842); »Thüringer Sagenbuch« (3. Aufl., Dresd. 1898); das vortreffliche, oft ausgelegte »Deutsche Märchenbuch« (Leipz. 1841) und »Neues deutsches Märchenbuch« (Wien 1856); »Mythe, Sage, Märchen und Fabel im Leben und Bewußtsein des deutschen Volkes« (Leipz. 1855, 3 Bde.) u. a. Auch veröffentlichte er die »Geschichte und Gedichte des Minnesängers Otto von Botenlauben« (Leipz. 1845), das Eisenacher »Spiel von den zehn Jungfrauen« (Halle 1855) u. a.

3) Karl, ausgezeichneter Pianofortebauer, geb. 1. Juni 1826 in Gotha, gest. 6. März 1900 in Berlin, arbeitete zuerst in verschiedenen Pianofortefabriken, war 1848–52 Geschäftsführer von G. Perau in Berlin, machte dann noch Studienreisen nach London und Paris und etablierte sich 1856 zu Berlin. Bald erregte die Vorzüglichkeit seiner Arbeiten die Aufmerksamkeit der Konzertspieler (Bülow), und der Betrieb wurde allmählich so ausgedehnt, daß jetzt jährlich mehrere tausend Instrumente fertiggestellt werden. Zahlreiche erste Preise und Ehrennennungen lohnten das Mühen des Begründers der Firma, die unbestritten eine der bedeutendsten der Gegenwart ist.

4) Reinhold, Germanist, Sohn von B. 2), geb. 12. Okt. 1833 in Meiningen, gest. 5. Okt. 1894 in Rostock, habilitierte sich 1866 in Jena, wurde 1869 zum außerordentlichen Professor ernannt und 1871 als ordentlicher Professor an die Universität Rostock beruken. Er veröffentlichte unter anderm: »Tristan und Isolt in deutschen Dichtungen der Neuzeit« (Leipz. 1876) und gab besonders mittelhochdeutsche Literaturdenkmäler heraus, so »Heinrich und Kunigunde von Ebernand von Erfurt« (Quedlinb. 1860); »Des Matthias von Beheim Evangelienbuch« (Leipz. 1867); Gottfrieds von Straßburg »Tristan« (3. Aufl., das. 1890); Heinrichs von Freiberg »Tristan« (das. 1878); Ulrichs von Lichtenstein »Frauendienst« (das. 1887), ferner »Altdeutsche Märchen, Sagen und Legenden« (das. 1863, 2. Aufl. 1877).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 532-533.
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